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Nachpfeifen und anstarren

Sexismus am Arbeitsplatz

Bielefeld / Lesedauer: 3 min

Nicht mehr so plump wie früher – aber sexuelle Belästigungen im Job sind längst nicht verschwunden, wie Psychologin Charlotte Diehl von der Universität Bielefeld Andreas Heimann im Interview erklärt.
Veröffentlicht:29.05.2014, 19:47
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Kommt Sexismus am Arbeitsplatz oft vor?

Die Wahrnehmung konzentriert sich oft auf Sexismus am Arbeitsplatz. Das liegt unter anderem daran, dass es relativ gute gesetzliche Regelungen für diesen Bereich gibt und die Aufmerksamkeit deshalb größer ist. Sexismus gibt es aber in vielen Situationen im Alltag, Frauen sind nirgendwo davor sicher. Das Besondere am Arbeitsplatz ist aber, dass ich Sexismus dort nicht einfach entkommen kann, indem ich weggehe, wie im Café zum Beispiel.

Wie zeigt sich Sexismus im Arbeitsalltag?

Nachpfeifen, anstarren, sexuelle Anspielungen machen, Fragen nach einem Treffen, obwohl es dazu schon eine klare Absage gab. Es gibt repräsentative Umfragen, bei denen 30 Prozent der Frauen angegeben haben, auch schon betatscht worden zu sein. Die Opfer wehren sich oft nicht, weil sie die sozialen Kosten dafür als hoch einschätzen. Sie fürchten, Sympathien zu verlieren, wenn sie gegen sexistisches Verhalten protestieren.

Hat sich der Sexismus verändert?

Es ist schon so, dass vieles nicht mehr geht, aber dafür ist der Sexismus subtiler geworden, nicht mehr so offensichtlich. Zum Beispiel, wenn in Diskussionen am Arbeitsplatz betont wird, dass Geschlechter nun mal unterschiedlich seien oder Männer Frauen anbieten „Ach komm, das kann ich gerne übernehmen, solche Aufgaben können Männer einfach besser“. Das führt dazu, dass die Frau als wenig kompetent dasteht.

Hängt von den Vorgesetzten ab, ob Sexismus am Arbeitsplatz toleriert wird?

Es gibt Studien, die zeigen, dass die Vorgesetzten eine wichtige Rolle dabei spielen, welches Klima am Arbeitsplatz herrscht. Normen und Regeln spielen eine wichtige Rolle, und Vorgesetzte repräsentieren diese Regeln. Wenn ein Vorgesetzter zeigt, dass er sexistisches Verhalten nicht toleriert, hilft das stark. Nicht nur, weil es die Täter abschreckt, sondern auch, weil es die Opfer ermutigt.

Gehen weibliche Vorgesetzte mit dem Thema anders um?

Es kann eine Rolle spielen, ob der Chef männlich oder weiblich ist, weil viele Frauen selbst schon von Sexismus betroffen waren und die Situation kennen. Das kann zur Folge haben, dass sie sensibler reagieren und sich besser in die Betreffenden hineinversetzen können.

Gibt es auch männliche Opfer von Sexismus?

Typischerweise ist Sexismus ein Männerphänomen. Aber einerseits haben auch Frauen sexistische Einstellungen und zeigen sexistisches Verhalten. Und dann geben bei Umfragen auch zehn Prozent der berufstätigen Männer an, schon von Sexismus betroffen gewesen zu sein. Aber das ist erstens gegenüber 30 bis 50 Prozent betroffenen Frauen ein viel geringerer Anteil und zweitens sind in diesen Fällen die Belästiger meistens andere Männer.

Was können Opfer tun?

Ein erster Schritt ist, mit dem zu sprechen, der sich sexistisch verhält. Wenn das nichts bringt, muss man sich Verbündete suchen, so dass man nicht alleine dasteht. Und dann muss man sich an die nächsthöhere Ebene wenden. Dabei ist es gut, wenn man den direkten Vorgesetzten darauf ansprechen kann.