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Fingiert?

Bauern und Nabu streiten über Wolfsrisse

Lenzen / Lesedauer: 3 min

Hat ein Schäfer in Brandenburg Wolfsrisse fingiert? Er sagt nein, der Bauernbund unterstützt ihn. Der Nabu hingegen erhebt Vorwürfe und will sich die Gutachten ansehen.
Veröffentlicht:16.08.2018, 14:15

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Um die toten Schafe von Marc Mennle aus Brandenburg ist ein Streit zwischen ihm, dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu), dem Rissgutachter und dem Bauernbund entbrannt. Ende Juli wurden bei Lenzen an der Elbe insgesamt drei Schafe von Mennle bei zwei Vorfällen gerissen, der Wolfsgutachter erstellte Rissgutachten dazu. Und so fing der Zoff an.

Diese Woche schrieb der Nabu in einer Pressemitteilung, dass die Herde von Schäfer Mennle nicht ausreichend geschützt sei und verlangte Akteneinsicht in die Rissgutachten. „Nach dem in der Presse in Auszügen bekannt gewordenen Gutachten bestehen Zweifel, ob es tatsächlich einen zweiten Wolfsübergriff gegeben hat, bei dem das dritte Schaf getötet worden sei. Danach sei auffällig, dass die typischen Blutspuren in der Umgebung eines gerissenen Schafes fehlten”, schrieb der Nabu.

Und: „Ich kann aus eigener Anschauung erklären, dass die Schafherde von Herrn Mennle leider nicht ausreichend geschützt war“, erklärt Christiane Schröder, Landesgeschäftsführerin des Nabu Brandenburg und Wolfsexpertin.

Herdenschutz umstritten

Die Schafweide grenze an die Elbe. Durch einen Zaun sei diese an den drei Landseiten geschützt, nicht aber zur Elbe hin. „Das war bei dem extremen Niedrigwasser der Elbe geradezu eine Einladung an den Wolf, der gut schwimmen kann”, argumentiert der Nabu. Die Herdenschutzhunde des Schäfers hätten es auf der Weide zudem durch hohen Gras- und Schilfwuchs schwer gehabt.

Gegenüber den „Potsdamer Neueste Nachrichten” (PNN) nannte Schäfer Mennle das eine „infame Lüge”, gegen die er rechtliche Schritte prüfen werde. Die Herde sei sehr wohl gegen den Wolf geschützt gewesen. Dem pflichtet auch Reinhard Jung, Geschäftsführer des Bauernbundes Brandenburg bei. „Uns liegt ein Schreiben des Landesamtes für Umwelt vom 3. August vor, das Marc Mennle bescheinigt, dass bei seiner Herde die in Brandenburg geltenden Mindeststandards für Herdenschutz eingehalten waren. Der Nabu sagt also die Unwahrheit, was wir beweisen können”, so Jung.

Kritik am Rissgutachter

Streit gibt es auch um den Rissgutachter. Gegenüber den PNN wirft Marc Mennle diesem vor, sein Gutachten nicht objektiv erstellt zu haben. Nur in einem der beiden Fälle wird ein Wolfsangriff bescheinigt, bei dem zweiten seien fehlende Blutspuren auffällig und es sei nicht auszuschließen, dass der Kadaver am Fundort platziert worden sei, heißt es dort. Auch das sei falsch und skandalös, reagierte Mennle.

Bauernbund-Chef Reinhard Jung unterstützt den Schäfer auch in diesem Punkt, Mennle habe ihm versichert, dass der Riss nicht fingiert sei. „Und es gibt auch keinen nachvollziehbaren Grund, weshalb er das getan haben sollte, es sei denn, er hätte das Schaf selber gegessen”, so Jung. Problematisch sei auch, dass der Rissgutachter beim Nabu als Wolfsbotschafter agiere, kritisiert der Bauernbund-Chef. „Eine objektive Begutachtung ist aufgrund dieser Parteinahme zwar theoretisch möglich, allerdings praktisch schwer vorstellbar.“

Streit hat wohl entscheidende Folgen für den Schäfer

Das sieht das Landesumweltamt in Brandenburg anders, der Rissgutachter agiere professionell und ein Interessenkonflikt sei bei mittlerweile mehr als 50 erstellten Gutachten nicht erkennbar, so die Behörde gegenüber PNN.

Für den Schäfer hat dieser Streit möglicherweise entscheidende Folgen. Die Brandenburger Wolfsverordnung gibt vor, dass Tierhalter den Abschuss von Problemwölfen nur beantragen können, wenn das Raubtier zweimal an derselben Weide trotz ausreichendem Schutz Tiere gerissen hat und diese nachgewiesen wurden. Eine Entschädigung für tote Tiere gibt es ebenfalls nicht ohne entsprechendes Gutachten.

Immer wieder beklagen in Brandenburg Weidetierhalter solche Vorfälle. Der Wolf steht in Deutschland unter strengem Artenschutz.