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Keine Party, aber Proteste

Berliner Flughafen eröffnet mit Wetterpanne

Berlin / Lesedauer: 5 min

Betont unspektakulär sollte es zur Eröffnung des Berliner Großflughafens zugehen. Doch nach neun Jahren voller Baupannen ging auch zum Auftakt nicht alles glatt.
Veröffentlicht:31.10.2020, 16:31

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Am Ende ist es das Wetter. Weil die Wolken über dem neuen Berliner Großflughafen BER zu tief hängen, müssen die beiden ersten Flugzeuge nacheinander auf der nördlichen Start- und Landesbahn landen. Zuerst kommt ein Airbus A320neo der britischen Easyjet, die schon ab dem heutigen Tag nicht mehr vom innerstädtischen Flughafen Tegel, sondern nur noch vom BER fliegt. Es folgt ein Airbus A320neo der Lufthansa, Taufname Neubrandenburg, mit der Seitenaufschrift „Hauptstadtflieger“.

Eigentlich hätten beide Flugzeuge parallel auf beiden Start- und Landesbahnen landen sollen. Aber warum sollte es bei der Eröffnung des Pannenflughafens eigentlich ohne Pannen zugehen?

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Erleichterung nach jahrelangen Verzögerungen

Rund sechs Milliarden Euro hat der Flughafen bislang gekostet. 800 Millionen Euro weiterer Zuschussbedarf ist bereits angemeldet. Und dank diverser Baupannen verzögerte sich die Eröffnung um ganze neun Jahre. Engelbert Lütke Daldrup, der Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, war am Reformationstag dennoch erleichtert. „Heute ist kein historischer Tag, aber es ist für uns, für Berlin und Brandenburg, für Ostdeutschland, ein ganz wichtiger Tag“, sagte Lütke Daldrup, der am Tag der Flughafeneröffnung auch noch selbst Geburtstag hatte. „Endlich können wir unseren Flughafen in Betrieb nehmen. Endlich.“

Keine Party zum Auftakt

Es sei kein einfacher Weg gewesen. „Deswegen feiern wir heute auch keine Party, sondern wir machen einfach auf.“ Öffentlichkeit und Politik hätten Nerven und Geld in den Flughafen investiert. „Aber ab heute hat es sich gelohnt“, sagte Lütke Daldrup. „Ab heute hat Ostdeutschland einen echten internationalen Flughafen.“ Jetzt habe man die Pandemie. „Wir werden die Krise gemeinsam meistern und den BER zu einem erfolgreichen Flughafen machen.“

Minister beschwört Wirtschaftswunder

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sprach davon, dass die Flughafeneröffnung „kein Jubeltag, sondern ein Arbeitstag“ mit viel Vorfreude gewesen sei. „Jetzt müssen wir Durchstarten, in eine Zeit der Zuversicht und eigentlich in ein nächstes Wirtschaftswunder“ sagte Scheuer. „Die Zeit der Jokes über den BER muss nun vorbei sein.“ Ähnlich äußerte sich Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD): „Wir erleben heute den ersten Tag einer Erfolgsgeschichte.“ Doch dann zögerte der SPD-Politiker kurz: Dieser Satz wäre ihm „eigentlich vor einigen Stunden noch nicht über die Lippen gekommen“. Die Eröffnung des Flughafens sei aber ein Signal des Optimismus, auch im Kampf gegen die Pandemie. Zu den größten Herausforderungen des Flughafens gehöre allerdings der Klimaschutz. „Wir brauchen im Fliegen mehr Klimaneutralität“, sagte Woidke. „Und wo, wenn nicht hier können wir dafür sorgen, dass Fliegen klimaneutraler werden kann?“ Brandenburg sei bei den erneuerbaren Energien schließlich ein Vorreiterland.

Proteste vor dem Terminal

Doch während die geladenen Gäste die Eröffnung in den VIP-Lounges des Terminals verfolgten, wurde draußen demonstriert. Robin Wood-Aktivisten seilten sich vom Terminalgebäude ab. Als Pinguine verkleidete Klimaschützer demonstrierten im Bahnhofseingang. Zahlreiche Taxifahrer aus Berlin protestierten gegen die gefühlte Schlechterbehandlung im Vergleich zu ihren Kollegen aus dem Landkreis Dahme-Spreewald. Und auch am Vorabend der Eröffnung gab es eine Demonstration. An der Dorfkirche von Blankenfelde hatten sich Anwohner des Flughafens zusammen mit dem Landtagsabgeordneten der Freien Wähler, Mathias Stefke, am Abend vor der Eröffnung zu einer Mahnwache versammelt. Wie die Aktionsbündnis für ein lebenswertes Berlin-Brandenburg (ABB) am Samstag mitteilte, seien laut Schallschutzbericht der FBB zum 31.08.2020 lediglich 1963 von 26.000 Wohneinheiten mit baulichem Schallschutz versehen worden. Auch das erfolgreiche Volksbegehren für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr sei nicht umgesetzt.

BER soll Wachstum in der Region antreiben

Positiv reagierten dagegen reagierten Vertreter der Brandenburger Wirtschaft auf die Flughafeneröffnung. „Auch wenn sich manche Entwicklung durch die verspätete BER-Eröffnung verzögert und die durch die Corona-Pandemie verursachte Luftfahrtkrise anhält, werden sich die Prognosen langfristig erfüllen: Der Flughafen BER ist ein Wachstumstreiber für die Hauptstadtregion“, sagt Peter Kopf, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Brandenburger Industrie- und Handelskammern. Handlungsbedarf gebe es aber bei der Verkehrsanbindung, sobald die Fluggastzahlen wieder normale Werte erreichen. Viele Brandenburger Reisende erreichten den BER nur mit mindestens einem Umstieg. Auch die Fernverkehrsverbindungen müssten weiter ausgebaut werden, damit der BER aus anderen Regionen mit Fernbuslinien und schnellen ICE- und IC-Zügen erreichbar wird. „Mit einem ICE-Zubringer könnten auch mehr Flugverbindungen auf der Langstrecke gewonnen werden“, sagt Kopf. „Denn der Bedarf an mehr internationalen Direkt- und Langstreckenverbindungen vor allem in den asiatischen Raum ist da.“

Die Chefs der an der Eröffnung beteiligten Fluglinien, Johan Lundgren von Easyjet und Carsten Spohr von Lufthansa, machten hier aber Hoffnung. „Ich glaube fest an die Zukunft der Luftfahrt“, sagte Lundgren, der sich seine Gesellschaft als „Home-Base-Carrier“ von Berlin bezeichnete. Doch die von den Wirtschaftsvertretern erhofften neuen Verbindungen blieben die Chefs der Fluggesellschaften vorerst schuldig. „Man muss zunächst einmal in der Corona-Situation sagen, dass überall Langstrecken im Rückgang sind“, sagte Spohr. Wichtigste Voraussetzung für Langstrecken sei Umsteigeverkehr. Bislang sei dies in München und Frankfurt der Fall gewesen. Werde man allerdings sehe, dass es sich von Berlin aus rechne, werde man derartige Angebote schaffen.