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51 Flüchtlinge auf Ladefläche

Fahrer von Schleuser-Lkw vor Gericht

Frankfurt (Oder) / Lesedauer: 3 min

Der Fall hatte überregional für Aufsehen gesorgt: Im September stoppt die Bundespolizei einen Lastwagen – und findet auf der Ladefläche versteckt 51 Flüchtlinge. Ab Dienstag sitzt der mutmaßliche Schleuser auf der Anklagebank.
Veröffentlicht:18.02.2018, 17:56
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Vor dem Amtsgericht Frankfurt (Oder) startet am Dienstag ein spektakulärer Schleuser-Prozess. Die Staatsanwaltschaft wirft einem türkischen Lastwagenfahrer in zwei Fällen das Einschleusen von insgesamt 71 Menschen vor. In einem der Fälle hatte die Bundespolizei im September auf der Autobahn 12 gleich 51 Flüchtlinge entdeckt, die auf der Ladefläche des Lastwagens versteckt waren.

Laut Anklage hatte der mutmaßliche Schleuser die Menschen in Lebensgefahr gebracht: Im Fall eines Verkehrsunfalls oder einer Notbremsung hätten sie sich demnach erheblich verletzen können – durch ungesicherte Ladung und weil sie selbst nicht angeschnallt waren.

Das illegale Geschäft der Schleuser floriert seit Jahren an der deutsch-polnischen Grenze. Kaum ein Flüchtling kommt auf eigene Faust über Oder und Neiße, der illegale Transfer ist in der Regel von Schleuserbanden organisiert, die sich dafür gut bezahlen lassen. Dieser strafbare Reisetourismus läuft nach Erkenntnissen der Ermittler vorwiegend mit Taxis, Kleintransportern oder privaten Autos. Dass Flüchtlinge allerdings in großem Stil per Transporter geschmuggelt werden, sei außergewöhnlich, sagte Ulrich Scherding, Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder).

Zwei Tage lang im Laster unterwegs

Laut Strafrecht droht dem Angeklagten nun eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. „Seit dem Wegfall der Grenzkontrollen 2007 haben wir so etwas ansonsten noch nicht erlebt”, sagte Scherding.

Den Ermittlern ins Netz gegangen war der 46-jährige LKW-Fahrer im September vergangenen Jahres. Bundespolizisten hatten den Transporter auf der Autobahn 12 in Richtung Berlin gestoppt. Auf der Ladefläche entdeckten sie bei ihrer Kontrolle insgesamt 50 Flüchtlinge aus dem Irak sowie einen Mann aus Syrien.

Nach Angaben der Bundespolizei waren die Ausländer in Rumänien zugestiegen und mit dem Laster bereits seit zwei Tagen unterwegs. Die Ladefläche sei verschlossen gewesen, so dass die 17 Kinder, 20 Männer und 14 Frauen sogar ihre Notdurft dort verrichten mussten, teilte die Bundespolizei damals mit. Der Lasterfahrer sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Die Anklagebehörde legt dem mutmaßlichen Schleuser noch einen zweiten Fall zur Last. Der Mann soll bereits im August 2017 20 illegale Flüchtlinge auf die gleiche Weise nach Deutschland gebracht haben. Bundespolizisten hatten die Iraker und Iraner an einer Bundesstraße unweit der Grenze aufgegriffen, wo die Flüchtlinge zu Fuß in Richtung Berlin unterwegs gewesen waren. Gegenüber den Ermittlern hatten sie angegeben, dass der Lkw-Fahrer sie nach dem Grenztransfer an der Straße abgesetzt hatte.

Flüchtlinge später verschwunden

Für den Strafprozess sind am Amtsgericht Frankfurt (Oder) insgesamt fünf Verhandlungstage angesetzt worden.

Der Fall des gestoppten Schleuser-Lastwagens auf der Autobahn 12 hatte auch deshalb Schlagzeilen gemacht, weil fast alle der aufgegriffenen Flüchtlinge später aus der Brandenburger Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) verschwanden, ohne sich abzumelden. Von den ursprünglich 48 verschwundenen Irakern, haben 40 nach Angaben des Brandenburger Innenministeriums inzwischen in anderen Orten Asylanträge gestellt. Von acht weiteren Flüchtlingen, die zur Fahndung ausgeschrieben worden waren, fehlt laut der Behörde bis heute jede Spur.