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Bericht

Gerichtsvollzieher in Brandenburg haben Angst vor Reichsbürgern

Potsdam / Lesedauer: 3 min

Gerichtsvollzieher in Brandenburg fühlen sich durch Reichsbürger bedroht. Doch das ist nicht das einzige Problem für den Berufsstand im Land.
Veröffentlicht:13.01.2019, 05:21

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Mindestens zwei Gerichtsvollzieher in Brandenburg vollstrecken derzeit bei Reichsbürgern keine Forderungen mehr. Die Beamten haben Angst vor körperlichen Auseinandersetzungen. Das geht aus einem Beratungsbericht des Landesrechnungshofs hervor, den dessen Präsident, Christoph Weiser, an Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) übergab. Das insgesamt 40 Seiten umfassende Papier soll nun vom Haushaltskontrollausschuss und vom Rechtsausschuss des Landtags beraten werden.

Mehr Arbeit, weniger Stellen

Denn die Rechnungsprüfer stießen bei ihrer Beschäftigung mit diesem Teil der Landesverwaltung auf erhebliche Schwierigkeiten. „Trotz steigender Arbeitsbelastung hat das Land in den letzten Jahren die Stellen bei den Gerichtsvollziehern reduziert“, sagte Weiser. Dazu ist der Krankenstand in den letzten Jahren enorm gestiegen.

Und das Amtsgericht Cottbus, das Amtsgericht Neuruppin und das Amtsgericht Oranienburg weisen auf ihren Internetseiten sogar explizit auf die zu erwartende lange Dauer der Vollstreckungen hin. Es könne zu Bearbeitungszeiten von mehr als sechs Monaten kommen, schreibt der Direktor des Cottbuser Amtsgerichts, Michael Höhr.

Vollstreckungsbüros sollen Lage entschärfen

Ein Problem ist laut Landesrechnungshof die Organisation der Gerichtsvollzieher. Im Unterschied zu anderen Beamten arbeiten sie selbstständig in eigenen Büros. Sollten sie eine Bürokraft einstellen, müssten sie diese aus eigener Tasche bezahlen. Die Konsequenz: Nur jeder zweite Gerichtsvollzieher hat eine Büromitarbeiterin, die ihm Teile der Verwaltungsarbeit abnehmen kann. Der Rechnungshof schlägt deswegen die Bildung sogenannter Vollstreckungsbüros bei den Amtsgerichten vor. „Dort könnten diese Aufgaben für die Gerichtsvollzieher gebündelt werden“, sagt Weiser. „Man könnte effizienter arbeiten.“

Auch die den Gerichtsvollziehern mögliche Verhaftung von Schuldnern, die sich weigern, einen Offenbarungseid zu leisten, scheitert oft an Kleinigkeiten: Die Öffnungszeiten, zu denen festgenommene Personen zwecks Vollstreckung der Zwangshaft in Justizvollzugsanstalten abgegeben werden können, harmonieren nicht damit, dass diese Menschen oft nur abends anzutreffen seien.

Einige Gerichtsvollzieher würden deswegen auf Verhaftungen verzichten. „Aus ihrer Sicht mache sich der Gerichtsvollzieher lächerlich und unglaubwürdig, wenn er den Schuldner wegen des fehlenden Transports oder der Zeitvorgaben der Justizvollzugsanstalt nicht verhaften könne und wieder entlassen müsse“, heißt es in dem Bericht. Zudem sprach sich der Bericht für eine Eingruppierung der bisher im mittleren Dienst angesiedelten Gerichtsvollzieher im gehobenen Dienst aus – die Rechnungsprüfer forderten also eine finanzielle Besserstellung.

Unterstützung von den Grünen und der CDU

Unterstützung gab es dafür von der Opposition. Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Axel Vogel, erinnerte daran, dass sich seine Partei schon 2016 für eine Besserstellung der Gerichtsvollzieher ausgesprochen hatte.

„Wir wollen die Ausbildung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher in Brandenburg auf ein Bachelorstudium umstellen“, sagte Vogel. „Damit würde eine der wachsenden Komplexität des Berufsbildes angemessene Ausbildung sichergestellt und zugleich eine bessere Bezahlung zwingend erfolgen müssen.“

Auch der CDU-Rechtspolitiker Danny Eichelbaum forderte eine angemessene Ausstattung und Vergütung der Gerichtsvollzieher. „Die Landesregierung hat es in den letzten Jahren versäumt, eine ausreichende Anzahl von Stellen für Gerichtsvollzieher zu schaffen“, so Eichelbaum. Die daraus entstehenden Zeitverzüge bei der Vollstreckung verursachten „erhebliche Nachteile für Unternehmen und Bürger, die auf eine schnelle Vollstreckung ihrer Ansprüche angewiesen sind.“