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Kleinstaaterei beim Bahnverkehr zwischen MV und Brandenburg

Neustrelitz / Lesedauer: 3 min

Im Osten von MV fallen immer mehr Züge aus und in Brandenburg will man eine Linie gleich ganz streichen. Das hätte wohl auch Konsequenzen für einen wichtigen Betrieb an der Landesgrenze.
Veröffentlicht:04.08.2022, 10:47

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Wer ohne Auto von Pritzwalk nach Neustrelitz will, braucht gute Nerven. Denn zwischen der Prignitz und der alten Mecklenburger Residenzstadt findet sich – die Landesgrenze.

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Lange Umwege mit der Bahn

Während PKW-Nutzer die 78 Kilometer Luftlinie in etwa eineinhalb Stunden zurücklegen können, sind Bahnfahrer geschlagene dreieinhalb Stunden unterwegs: Von Pritzwalk geht es erst einmal nach Hennigsdorf am Berliner Stadtrand, dann weiter nach Oranienburg und schließlich zurück an die Seenplatte.

Diese Erfahrung machten am Mittwoch auch Benjamin Raschke und Anne Shepley. Die Fraktionsvorsitzenden der Grünen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern trafen sich auf ihrer Sommertour. Denn der grenzüberschreitende Verkehr zwischen den beiden Ländern ist in den letzten Wochen in die Schlagzeilen geraten: Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) plant die Abbestellung der Bahnlinie von Kyritz über Pritzwalk nach Meyenburg.

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Probleme für die Möbelfabrik

Eine Strecke, die einst weiter bis Karow und Güstrow führte, die auf Mecklenburger Seite aber schon lange nicht mehr im Personenverkehr bedient wird. „Würde auch Mecklenburg-Vorpommern hier wieder Verkehre bestellen, hätten wir ein attraktives Angebot für die Menschen in der Region“, erklärte Ralf Böhme, Geschäftsführer der Hanseatischen Eisenbahn (HANS) bei einer Fahrt mit der RB 73.

Er erklärte den Grünen-Politikern, wie sein Unternehmen kalkuliert: Die für die Daseinsvorsorge wichtige Infrastruktur im ländlichen Raum werde durch eine Mischkalkulation aus Personen- und Güterverkehr finanziert. Würde der Personenverkehr abbestellt, bliebe etwa auch das für den Versand der IKEA-Regale aus der Möbelfabrik Meyenburg wichtige Containerterminal in Falkenhagen auf der Strecke. Denn dann müsste die Strecke auch für den Güterverkehr stillgelegt werden.

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Kaum Planungssicherheit für Bahn-Betreiber

Ein großes Problem sei, dass die Verkehre in der Prignitz in der Vergangenheit immer nur in Zweijahresscheiben bestellt wurden. „Wir brauchen vor allem Planungssicherheit“, sagte Böhme. „Hätten wir wie die DB AG langfristige Verkehrsverträge, könnten wir das Geld, das wir für die Sanierung der Strecken benötigen, nicht nur mit Landeszuschüssen, sondern auch über den Kapitalmarkt finanzieren.“ Denn dann wären auch die nötigen Einnahmen aus dem Zugverkehr gesichert.

Bei den beiden Landtagsabgeordneten, die als Grüne der Bahn natürlich ohnehin positiv gegenüber stehen, rannte Böhme damit offene Türen ein. „Wenn wir die Strecken nicht weiter bestellen, droht insgesamt ein großer Verlust“, zeigte sich Raschke überzeugt. „Uns würde Infrastruktur verloren gehen, die wir auch für den Güterverkehr brauchen.“ Und seine Kollegin aus Mecklenburg-Vorpommern betonte, dass das „Netz nicht umsonst Netz“ genannt werde. „Der Schienenverkehr kostet zwar mehr als die Straße“, sagt Shepley. „Aber die Schienen halten länger und tragen am Ende auch mehr zur CO2-Vermeidung bei.“ Und dass sich beide Abgeordneten nach der Fahrt noch stärker als bisher für den Erhalt der Nebenbahnen in der Region und generell bessere Verbindungen zwischen Brandenburg und MV einsetzen wollen, war zumindest bei der Ankunft in Neustrelitz ausgemachte Sache.