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Flucht aus Afghanistan

Nur 25 von 266 Afghanen als Ortskräfte in Brandenburg anerkannt

Potsdam / Lesedauer: 3 min

Brandenburgs Innenminister hatte angeboten, dass Afghanen, die für die Bundeswehr gearbeitet haben, mit ihren Familien in Brandenburg bleiben können. Doch jetzt müssen die meisten das Land wieder verlassen.
Veröffentlicht:15.10.2021, 07:23

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Von den 266 Afghanen, die Brandenburg nach der Machtübernahme der Taliban im August aufgenommen hat, ist der überwiegende Teil nicht als Ortskräfte anerkannt worden. Nur 25 Ortskräfte mit ihren Angehörigen und 3 besonders gefährdete Personen hätten zum Stand 6. Oktober eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten, teilte das Innenministerium auf Anfrage mit. Dies seien 116 Personen, darunter 67 Kinder und Jugendliche.

Doch was sind eigentlich Ortskräfte?

Wer bei einem Auslandseinsatz der Bundeswehr in seinem Heimatland für die deutsche Armee tätig ist, wird „Ortskraft“ genannt. Dazu zählen Menschen, die als Übersetzerinnen und Übersetzer tätig sind, die Fahrdienste ausüben oder etwa als Sicherheitskraft oder Koch arbeiten. Außerdem zählen auch Mitarbeitende von deutschen Hilfs- und Entwicklungsorganisationen dazu, die Staatsbürger des Einsatzlandes sind – und die Definition kann auch auf Angestellte deutscher Firmen erweitert werden.

Ortskräfte sind in ihrem Heimatland besonders gefährdet, weil sie von den Taliban für ihre Auslandshilfe verfolgt werden. Deutschland hatte versprochen, seine Ortskräfte auszufliegen und zu schützen.

Zur Vorgeschichte: Afghanische Ortskräfte in Brandenburg angekommen

136 Afghanen hätten einen Asylantrag gestellt oder könnten dies noch tun, berichtete das Ministerium. Deren Schutz werde im Rahmen eines Asylverfahrens vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) geprüft. Sie seien noch in der Erstaufnahme in Doberlug-Kirchhain (Elbe-Elster) untergebracht. 14 weitere Flüchtlinge, darunter drei Minderjährige, hätten die Erstaufnahme eigenständig verlassen.

Die meisten Ortskräfte sollen Brandenburg verlassen

Von den 25 Ortskräften und ihren Angehörigen sollen nach Angaben des Innenministeriums nur 4 in Brandenburg bleiben. Dies seien insgesamt 17 Personen. Die übrigen 21 Ortskräfte samt Familien und die 3 besonders gefährdeten Personen, insgesamt 99 Menschen, seien vom Bamf auf andere Bundesländer verteilt worden.

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Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion im Landtag, Andrea Johlige, erklärte dazu, von den Behörden werde die Definition einer Ortskraft inzwischen sehr eng ausgelegt. Dazu würden fast nur Unterstützer der Bundeswehr gezählt, aber nicht die der meisten Hilfsorganisationen. „Zudem wurden Ortskräfte der Bundeswehr zuvor in afghanische Subunternehmen gedrängt und sollen nun nicht mehr dazu zählen”, sagte Johlige.

Heftige Kritik kommt vom Brandenburger Flüchtlingsrat

Der Flüchtlingsrat Brandenburg kritisierte, dass nur ein Bruchteil der unmittelbar Gefährdeten aus Afghanistan evakuiert worden seien. „Diejenigen, die es allen Widrigkeiten zum Trotz in einen der Evakuierungsflieger geschafft haben, sind nun in Deutschland mit einem äußerst undurchsichtigen und schikanösen Vorgehen durch Behörden konfrontiert”, sagte Sprecherin Mara Hasenjürgen.

„Wir fragen uns: Wieso gelten nur drei der Evakuierten als ,besonders gefährdet' und wie wurde das geprüft?”, sagte Hasenjürgen. „Das gesamte Verfahren bleibt für die Evakuierten wie die Zivilgesellschaft intransparent.” Notwendig seien nun eine großzügige Aufnahme und ein Landesaufnahmeprogramm für weitere Menschen aus Afghanistan, forderte Hasenjürgen.

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