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Schlesinger-Skandal

RBB-Chefredakteur verhängt Maulkorb-Erlass für eigene Leute

Berlin / Lesedauer: 2 min

Geht so Aufklärung? In einer internen Nachricht warnt der RBB-Chefredakteur David Biesinger seine Mitarbeiter vor einer Weitergabe von Informationen an Journalisten.
Veröffentlicht:18.08.2022, 19:42

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Im Streit um die frühere Intendantin Patricia Schlesinger und die Gehälter von Führungskräften des RBB will der öffentlich-rechtliche Sender offenbar verhindern, dass brisante Informationen das eigene Haus verlassen. Am Donnerstag erschien im hausinternen Intranet eine von Chefredakteur David Biesinger und der Compliance-Beauftragten Anke Naujock-Simon unterzeichnete, relativ unverblümte Drohung an Whistleblower in den eigenen Reihen. Das Dokument sorgte bei den ohnehin verärgerten Mitarbeitern für weiteren Unmut.

Nicht einmal das eigene Rechercheteam darf informiert werden

Besonders pikant an dem Schreiben, das dem Nordkurier vorliegt: Darin heißt es, dass selbst dem eigenen Rechercheteam des RBB, das sich mit der causa Schlesinger beschäftigt, keine internen Daten übermittelt werden sollten.

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Wörtlich heißt es: „Mit der Herausgabe von sensiblen Daten, Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen an Personen, die keine Berechtigung auf Kenntnis dieser Informationen haben, kann eine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag oder dem Beschäftigungsverhältnis einhergehen.“ Und weiter: „Dazu gehört auch die Herausgabe solcher Daten an recherchierende Journalisten, auch solche, die für den rbb tätig sind.“

Angeblich soll so das Strafverfahren geschützt werden

Zudem könnten dem Schreiben zufolge sowohl die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen als auch die laufende Compliance-Untersuchung einer externen Anwaltskanzlei gefährdet sein, wenn sensible Informationen durch Herausgabe an das Rechercheteam vorab dem rbb und der Öffentlichkeit bekannt werden. Dies könne sogar dazu führen, dass Zeugenaussagen oder Daten später nicht mehr in einem eventuellen Strafverfahren verwendet werden könnten.

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„Für die Arbeit des Rechercheteams gelten intern dieselben Spielregeln wie für eine Recherche, die extern durchgeführt würde“, heißt es in der Stellungnahme. „Das Rechercheteam wendet sich mit seinen Fragen deshalb auch an die Pressestelle des rbb, die die Fragen dann in die Bereiche weiterleitet.“

Journalisten-Verband reagiert irritiert

Hingegen erklärte der Landesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbands Berlin, Steffen Grimberg, im RBB-Skandal sei Öffentlichkeit weiter gefragt und gefordert. Er verstehe, dass sich der Sender mit dem Text im Intranet rechtlich absichern wolle. „Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit wiegt aber sehr, sehr hoch“, so Grimberg. „Selbst im Zweifelsfall ist es aus meiner Sicht statthaft, wenigstens mit dem hauseigenen Rechercheteam zusammenzuarbeiten.“

Zudem appellierte Grimberg gestern an den RBB, „bei allem Respekt vor der großartigen internen Aufklärung die Anfragen von außen nicht als Anfragen zweiter Klasse zu sehen.“ Journalisten, die nicht zum RBB gehören, sollte Chancengleichheit gewährt werden. „Schließlich sind die wesentlichen Hinweise und Recherchen im Schlesinger-Skandal bislang von außen erfolgt.“