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Kommentar zum BER

Wenn die Airline pleite ist, bevor der Flughafen eröffnet

Schönefeld / Lesedauer: 5 min

Alle Jahre wieder eröffnet der BER – nicht. Am Freitag wurde bekanntgegeben, dass der Flughafen nicht vor Oktober 2020 an den Start geht. Statt viel Gefliege gibt es nur viel Gerede. Dabei gibt es doch eine Alternative.
Veröffentlicht:15.12.2017, 10:34

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Der neue Hauptstadtflughafen sollte in der Gebärdensprache eine eigene Geste bekommen. Keine, die etwas mit Fliegen zu tun hat, das tun am BER nur Geschäftsführer und ein ehemaliger Pressesprecher, der es wagte, ehrlich zu sein. Die passende Geste dafür: Die eigene Handfläche trifft mit lautem Klatschen auf die eigene Stirn.

Millionen Menschen müssten chronisch gerötete Stirnflächen haben, so oft wurde die Eröffnung des Prestigeprojektes verschoben. Jetzt ist es wieder so weit, am Freitag wurde der Oktober 2020 als neuer Eröffnungstermin genannt. Wie oft wurde die Eröffnung verschoben? Eigentlich egal, sechs Jahre Verspätung und mehr als dreimal so hohe Baukosten wie geplant sprechen eine deutliche Sprache. Und es wird noch teurer. "Aus der Eröffnung im Oktober 2020 ergibt sich ein zusätzlicher Finanzbedarf", erklärte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup am Freitag.

"Das kann doch niemand mehr ernstnehmen"

Und das tun jetzt – mal wieder – Politiker in Brandenburg und Berlin. Sie haben genug von den immer wieder verschobenen Eröffnungsterminen.

So auch in dieser Woche im Potsdamer Landtag, unter anderem mit diesen Stimmen: Der CDU-Abgeordnete Rainer Genilke kritisierte in der von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Stunde am Donnerstag, auch heute lägen noch nicht alle Planungen vor. Selbst wenn das Terminal eröffne, werde es Chaos geben. „Das kann doch niemand in diesem Land mehr ernstnehmen, was Sie hier treiben”, rief er. Stimmt.

Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider, der auch Flughafenkoordinator der rot-roten Landesregierung in Brandenburg ist, verteidigte den BER dagegen als das zentrale Infrastrukturprogramm der Region. Dass von den Regierungsparteien das Versagen am BER relativiert wird, war klar. Sie sind dafür ja mitverantwortlich.

Eine mögliche Option: Abriss des BER

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel verlangte, dass die Regierung eingestehe, dass das Großprojekt in seiner jetzigen Form gescheitert sei. Es müsse jetzt einen Baustopp zur Vermeidung unnötiger Kosten und einen „Plan B” geben, um Abfertigungskapazitäten auch unabhängig von Hauptterminal zu schaffen. Im Extremfall müsse das Gebäude abgerissen werden. Die Debatten über den Flughafen im Berliner Senat verlaufen oft mit einem ähnlichen Meinungsbild.

Viele schöne Worte, aber wie oft haben wir diese schon gehört und nichts ist passiert? Stattdessen erleben die Steuerzahler seit Jahren eine Hitparade der Fehlleistungen, während zwischendurch Air Berlin pleite gegeangen ist.

Ein kleines Best-of der BER-Pannen:

  • Statt 2011 wird der
  • Die Bahn klagte erfolgreich wegen der verspäteten Flughafeneröffnung, weil der fertige BER-Bahnhof leersteht. Sie muss Leerfahrten machen, damit die Luft verwirbelt wird und sich im Bau kein Schimmel bildet.
  • Ein Volkbegehren in Brandenburg gegen eine Start- und Landebahn an einem Flughafen, der nicht einmal eröffnet wurde.
  • Der Ex-BER-Presseprecher Daniel Abbou sagte 2016 in einem Interview, dass Milliarden versenkt wurden, dass die Menschen ein Recht darauf hätten, zu erfahren, wo das Geld geblieben ist und vor allem: „Glauben Sie mir, kein Politiker, kein Flughafendirektor und kein Mensch, der nicht medikamentenabhängig ist, gibt Ihnen feste Garantien für diesen Flughafen.” Abbou wurde wenig später entlassen.
  • In Brandenburg existiert ein Schulbuch, bei dem sich der Verlag darauf verließ, dass der BER rechtzeitig eröffnet. Daher stand in der ersten Auflage: "Der rund drei Milliarden Euro teure Flughafen Berlin Brandenburg BER (auch BBI) bei Schönefeld ist seit 2012
  • Die Flughafengesellschaft hat kein Finanzkonzept, sollte der BER eröffnet werden. Das gibt es erst 2018, also sieben Jahre zu spät oder zwei Jahre früher, als die aktuelle Eröffnungsprognose. Ansichtssache.
  • Er ist zu klein. Der BER kann gar nicht die prognostizierten Passagiere abfertigen, sollte er einmal eröffnet werden.

Flughafen Tegel sollte in Betrieb bleiben

BER-Witze zu finden ist kaum noch möglich, sie wurden ja schon alle erzählt. Für Steuerzahler ist Projekt ohnehin nur ein Reinfall, Lachen können also wohl nur diejenigen, die am BER mitwirken. Anders ist nicht zu erklären, weshalb sich dieses Fiasko so lange hinzieht, als wäre es der erste Flughafen, der je in Deutschland gebaut wird. Können oder wollen die Beteiligten es nicht schaffen?

Eine Option ist also: Der BER könnte abgerissen werden. Das wurde mehrmals debattiert, es bringt aber wenig. Bei einem Abriss würde es nur viel Bauschutt geben, mit dem man höchstens das A20-Loch und Stuttgart 21 auffüllen könnten. Einem neuen Hauptstadtflughafen wären wir so auch nicht näher gekommen.

Bleibt nur eine Lösung: Schreibt den BER ab, vermietet die bisher fertigen Hallen an irgendwen, der dafür Geld bezahlen will – wenigstens würde es dann ein paar Einnahmen statt nur Ausgaben geben. Und diese Einnamen werden in den Flughafen Tegel gesteckt. Dass Berlin irgendwie auch ohne den BER auskommt,  es ja seit Jahren. Tegel ist zwar wie der geplante BER – zu klein für die Metropolregion, aber Tegel ist wenigstens in Betrieb. Und es gibt genug Befürworter für den weiteren Betrieb Tegels, wie ein Volksbegehren zeigt.