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Vergewaltigung verhindert

Das ist der Retter von Demmin

Demmin / Lesedauer: 4 min

Vermutlich nur durch das beherzte Einschreiten eines Demminers konnte am Wochenende ein sexueller Übergriff auf eine junge Frau verhindert werden. Ein Lehrstück in Sachen Zivilcourage.
Veröffentlicht:22.09.2020, 19:17

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Es sollte ein entspannter Angelausflug werden. Ein Ansitz auf Aal an den Ufern der Peene. Auch der Demminer Paul Drexhage hofft in der kühlen Spätsommernacht am 19. September auf einen aufregenden Fang. Er wird gelingen. Allerdings anders, als der 28-Jährige es je erwartet hätte. Denn an Fisch ist für den jungen Mann bald nicht mehr zu denken. Stattdessen geht es plötzlich um die Sicherheit eines Menschen.

„Ich wollte eigentlich gar nicht mehr los zum Angeln“, erinnert er sich. Zum Glück für eine 16-Jährige entscheidet sich Drexhage noch einmal um. Es ist ungefähr 21 Uhr, als er mit Freunden seinen Angelplatz einrichtet. Nur rund eine Stunde, nachdem die Köder im Wasser liegen, bahnt sich in der Baumannstraße ein schrecklicher Vorfall an. Eher unbewusst wird Paul Drexhage auf die Situation aufmerksam. „Ich hab hinterrücks einen Typen bemerkt, der an mir vorbeiging“, sagt er. Zwar wäre ihm die blaue Jacke im Gedächtnis geblieben, viel gedacht habe sich der Demminer jedoch zunächst nicht. Es dauert allerdings nicht lange, bis die Alarmglocken doch anfangen zu schrillen.

Sofort losgesprintet

„Ich musste mal austreten und stand zur Straße hin“, sagt er. Eine junge Frau, zu diesem Zeitpunkt noch völlig arglos, läuft in einigem Abstand an Drexhage vorbei stadtauswärts. Gefolgt von dem Mann in der blauen Jacke. „Das waren vielleicht zehn Meter Abstand und er ging ziemlich zügig“, so der 28-Jährige. Paul Drexhage trifft die Entscheidung, den eigenartigen Vorgang im Auge zu behalten. Er geht Richtung Straße. Ein Freund lenkt ihn aus dem Auto heraus kurz ab. Die Männer reden über das Gesehene. Dann hören sie Schreie.

„Ich bin sofort losgesprintet“, sagt er. In diesem Moment hatte der Täter sich bereits über die 16-Jährige hergemacht und sie an der Abzweigung Eichholz ins Gebüsch gezerrt. Es geht bestenfalls um Minuten, bevor unaussprechliche Gräuel für die junge Frau folgen würden. Aber Paul Drexhage ist schnell genug. „Als er mich bemerkt hat, hat er die Flucht ergriffen“, sagt der 28-Jährige. Die Demminerin ist gerettet. Sie wirft sich in Paul Drexhages Arme. Weint.

„Es war erschreckend“, fasst der Demminer den gesamten Vorfall rückblickend knapp zusammen. Dass ein derartiger Angriff auf eine junge Frau in der Hansestadt passiert ist, erschüttert ihn zutiefst. „In Demmin hat es so etwas Ekliges bisher nicht gegeben“, sagt er. Für den Täter bleiben nur Verachtung und Unverständnis, wie jemand zu dieser Tat in der Lage sein kann. „Sie wird das nie wieder vergessen und immer Angst haben“, sagt er.

Beweise gesichert

Während sich Paul Drexhage um das Mädchen kümmert und die Polizei informiert, erscheint auch der Täter wieder auf der Bildfläche. „Er hatte sich die Jacke ausgezogen und tat so, als ob er telefoniert“, erinnert sich der Demminer. Doch die Scharade bleibt nicht unerkannt. Der junge Mann verständigt nochmals die Polizei. Nur kurz darauf setzen die Beamten den Angreifer in der Nähe der Kahldenbrücke fest. Auch Drexhages Angelkumpels sind inzwischen dazugekommen. „Philipp und Flori haben dann geholfen, nach Beweismaterialien zu suchen“, so der 28-Jährige. Es dauert nur eine halbe Stunde, dann taucht die blaue Jacke auf. Ebenso das Handy des 16-jährigenOpfers.

Es ist 5 Uhr am Sonntagmorgen, als Paul Drexhage schließlich wieder zu Hause ankommt. Stundenlange Wartezeit und Befragungen in der Polizeiwache liegen zu diesem Zeitpunkt hinter ihm. „Meine Aussage war wichtig, damit sie ihn gleich da behalten konnten“, sagt er. Was er geleistet hat, wird dem jungen Mann erst im Laufe der Nacht klar. „Als die Mutter reinkam und sich bei mir bedankt hat, wusste ich, dass ich irgendwas richtig gemacht habe“, sagt er.

Sorge um das Opfer

Ruhm ernten oder gar als Held gefeiert werden, will er allerdings nicht. „Es ist selbstverständlich, dass man hilft, wenn jemand Hilfe braucht“, so Drexhage. Für ihn ist klar: „Ich würde jederzeit wieder so handeln.“

Der jungen Frau und ihrer Familie wünscht Paul Drexhage viel Kraft in dieser schwierigen Zeit. Kontakt zu der 16-Jährigen gab es bisher nicht weiter. Er hofft, dass sie erst einmal zur Ruhe kommt. „Aber ich werde mich später nochmal erkundigen, wie es ihr geht“, sagt er. Die Wut auf den Mann in Blau wird der 28-Jährige auf jeden Fall noch lange mit sich rumtragen. „Die gerechte Strafe Knast ist für den eigentlich noch zu wenig“, sagt er.