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Spaziergang auf historischen Pfaden

Demminer begeben sich auf Spurensuche durch ihre Stadt

Demmin / Lesedauer: 2 min

Am 9. November vor 75 Jahren brannten überall in Deutschland die Synagogen. Was passierte während der NS-Zeit hier in Demmin? Interessierte Bürger wandelten auf historischen Pfaden und lernten ihre Stadt von einer anderen Seite kennen.
Veröffentlicht:10.11.2013, 20:48
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Kalt ist dieser Sonntagvormittag und dennoch machen sich etwa ein Dutzend Teilnehmer auf zum Stadtspaziergang durch Demmin. Er führt sie an Orte mitten in der Stadt, an denen Viele täglich achtlos vorbeigehen. Und die doch voll sind mit Erinnerungen an Schicksale. Eingeladen hat das Demminer Regionalmuseum aus Anlass der Reichspogromnacht, die sich am 9. November zum 75. Mal jährte.

Der Weg begann an der Nordseite der St.-Bartholomaei-Kirche, wo sich einst der erste russische Soldatenfriedhof befand. Im Frühjahr 1948 wurden die menschlichen Überreste aus den 19 Gräbern am Barlachplatz umgebettet, wohin dann auch die Kriegstoten aus dem gesamten Kreis gebracht wurden. „102 sowjetische Kriegsopfer liegen hier, doch nur 21 von ihnen wurden identifiziert“, erläuterte Petra Clemens. Weiter ging es über die Kahldenstraße, in der einst das Gymnasium untergebracht war, zur Frauenstraße. Immer wieder bleibt Petra Clemens stehen, zeigt Fotos und Dokumente aus der NS-Zeit. So erzählt sie unter anderem von dem Studienrat Gerhard Moldenhauer, einem Hitler-Anhänger, der erst auf die einmarschierenden russischen Soldaten schießt und dann seine Familie und sich tötete. Sie berichtete vom Vorwerker Gutsherren Hans-Joachim von Rohr, der 1942 russische Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter zugewiesen bekam, von denen zwei in den Lagern zuvor so brutal misshandelt wurden, dass sie bei ihm starben. Von Rohr setzte sich über Anweisungen hinweg und organisierte ein Begräbnis auf dem Friedhof in Vorwerk. Nur seiner Stellung – er war kurzzeitig Staatssekretär im Reichsernährungsministerium – habe er es zu verdanken, dass er dafür nicht mit dem Tod bestraft wurde. Anders erging es dem katholischen Pfarrer, der polnische und russische Zwangsarbeiter gleichermaßen wie Deutsche in seine Kirche zum Gottesdienst einlud und für sie betete. Er landete in Dachau.

Petra Clemens ließ nicht unerwähnt, dass es in Demmin noch viel aufzuarbeiten gäbe. Zum Beispiel, was das Leben von Zwangsarbeitern angehe.