StartseiteRegionalDemminFlüchtlingslager mitten in der Platte

Vorpommern als gute Gastgeber?

Flüchtlingslager mitten in der Platte

Demmin / Lesedauer: 3 min

Auch in Demmin leben immer mehr Familien, die Bürgerkrieg und blutige Konflikte aus ihrer Heimat vertrieben. Sie wohnen in kommunalen Wohnungen – gewiss auch ein Grund dafür, dass die Integration erstaunlich gut funktioniert. Sagt einer, der seine Mieter kennt.
Veröffentlicht:28.10.2014, 19:10

Artikel teilen:

Dreitausend Kilometer liegen zwischen den Brandruinen des syrischen Bürgerkriegs und Demmin, Luftlinie. Doch was sagen solche Entfernungen noch aus? Auch Vorpommern, Deutschlands stiller Winkel im Nordosten, ist zum Flüchtlingslager geworden für jene inzwischen zweieinhalb Millionen Menschen, die das blutige Gemetzel zwischen Assads Regierungsarmee und Aufständischen aus ihrer Heimat gerissen und außer Landes geschleudert hat. Oft war es nur ihr nacktes Leben, das diese Menschen retten konnten. Und damit bei uns ankamen. Im friedlichen Demmin.

151 Flüchtlinge in der Hansestadt

Aktuell leben einer Zahl aus dem Rathaus nach etwa 151 Flüchtlinge in der Hansestadt. Viele von ihnen kommen aus Syrien, andere aus dem kaum friedlicheren Afghanistan oder aus Afrika. 151 Menschen – das ist nicht viel, gerade mal etwas mehr als ein Prozent, gemessen an der Einwohnerzahl Demmins. Aber es dürften mehr werden, soviel scheint sicher. Denn die Kriege der Welt, sie rücken Deutschland näher.

Für Roman Gau, Chef der kommunalen Wohnungsverwaltung WVG, sind die Bürgerkriegsflüchtlinge bereits Teil des Alltagsgeschäfts. Vor einem Jahr gab es das Thema für die Wobau noch gar nicht, inzwischen hat Gau fast 30 Wohnungen als Notunterkünfte an den Landkreis Seenplatte vermietet. Eine genaue Zahl nennt er nicht, da sie sich ohnehin permanent ändere, wie er sagt. Aber die Tendenz sei eher steigend. Auch der Kreis rechnet offenbar kaum damit, dass die Flüchtlingsströme in den Nordosten demnächst wieder versiegen: Die Mietverträge mit der WVG sind unbefristet.

Keine Rostocker Verhältnisse in Demmin

Am liebsten wäre es den kreislichen Verwaltern der Flüchtlingsnot offenbar gewesen, die Wobau hätte einen kompletten Block leerziehen lassen – so stellt es Roman Gau jedenfalls dar. Um gleich zu betonen, dass diese Variante mit ihm nicht zu machen war: „Ich bin ein Gegner dieser zentralen Unterbringung, die nur Ghettoisierung fördert und die Gefahr von Konflikten verschärft. Wir alle haben doch wohl noch die Bilder vor Augen, wie das in Rostock ausging. So etwas will ich nicht in Demmin.“

Mit der dezentralen Lösung, Flüchtlingsfamilien in leer stehenden, nach speziellen kreislichen Ausstattungskriterien renovierten Wohnungen einzuqartieren, fahren am Ende alle besser, davon ist Gau überzeugt. „Den Asylbewerbern erleichtert es die Integration, unsere Leute lernen leichter, ihre neuen Nachbarn zu akzeptieren. Wir hatten da anfangs durchaus Befürchtungen, aber in den meisten Fällen klappt das Zusammenleben wirklich gut.“

"Eine gewisse Nachtaktivität"

Nicht in allem, das räumt der Wobau-Chef ein. Vor allem die ausgeprägte Neigung zu „einer gewissen Nachtaktivität“ schaffe Konflikte: „Viele unserer neuen Mieter müssen erst lernen, dass hierzulande ab 22 Uhr eben jeder im Haus seine Ruhe haben möchte.“ Auch die Sprachbarriere mache ein Verständigen nicht leicht: „Die Flüchtlinge sprechen vor allem englisch, aber damit kommt man in Demmin ja nun nicht unbedingt sehr weit.“

Sich akzeptieren, aufeinander zu gehen, geduldig und freundlich bleiben auch in schwierigen Situationen – Gau wirbt für Toleranz im Miteinander. „Wir können hier zeigen, dass wir Vorpommern gute Gastgeber sind."