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Interview

Große Sorge um Gemeinschaftssinn und Firmenwohl

Loitz / Lesedauer: 7 min

Es war erneut kein einfaches Jahr, das die Loitzer Bürgermeisterin zu managen hatte. Reporterin Ulrike Rosenstädt traf Christin Witt zum Jahresabschluss-Interview.
Veröffentlicht:27.12.2022, 06:33

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Die Zahl 2022 geht, aber Probleme, offene Projekte, bleiben. Das haben die Diskussionen bei öffentlichen Sitzungen in den zurückliegenden Wochen immer wieder deutlich gemacht. Wie viele graue Haare, wie viele Sorgenfalten mehr hat Ihnen das Bürgermeisteramt in diesem Jahr beschert?

Ich habe schon länger graue Haare, also das ist kein Zeichen für irgendetwas. Aber es ist nun leider mal so, man kommt aus dem Krisenmodus nicht mehr heraus. Seit 2019 geht es nun so. Erst die Pandemie, dann der Kriegsausbruch in der Ukraine, dann folgte die Mangellage, die uns beschäftigt. Man wird von diesen Ereignissen getrieben. In der Summe bereitet mir das Sorge mit Blick auf das Zusammengehörigkeitsgefühl unserer Einwohner. Zudem schaue ich mit Sorge auf unsere Unternehmen. Deshalb sind mir die Unternehmerstammtische so wichtig. Dort findet ein Austausch statt, ich erfahre, wie es in den Betrieben hier vor Ort läuft.

Nicht alles läuft rund. Der Plan, in Loitz ein Mehrgenerationenquartier zu bauen, wurde immer wieder in einem Zuge mit dem Projekt „Zukunftsstadt 2030+“ genannt. Und zwar als ein Ergebnis, ein Erfolg, ein Synergieeffekt, der sich positiv auf die Stadtentwicklung auswirkt. Bisher ist kein Spatenstich erfolgt. Der Bau wurde auf Eis gelegt. Das ist die bitterste Pille, die ich in diesem Jahr schlucken musste.

Was sagen Sie den Bürgern, die bereits Reservierungen für eine der neuen Wohnungen abgegeben haben?

Ich kann nur um Verständnis und Geduld bitten.

Was können Sie konkret unternehmen, damit der Baustart noch vorangetrieben wird? Das Stadtwerke-Team, das als Tochtergesellschaft der Stadt als Investor fungiert, sagte, dass Sie sich besonders einbringen …

Ich stehe nur beratend zur Seite. Die Stadtwerke sind Investor, werden Bauherr sein, sind ebenso engagiert dabei, zu rechnen, zu schauen, wie es mit der Bebauung der Breiten Straße nun weitergehen kann. Doch die Entscheidung, dass jetzt noch kein Spatenstich erfolgt ist, weil eine Investitionslücke klafft, kann ich sehr gut nachvollziehen. Auch aus der Sicht als Bürgermeisterin finde ich das sehr verantwortungsbewusst. Schließlich kann nicht drauflos gebaut werden, wenn Gelder fehlen. Schließlich sollen, perspektivisch ja auch die Mieten bezahlbar bleiben.

Was haben Sie bisheriger in ihrer Beraterfunktion konkret unternommen?

Ich nutze jede Gelegenheit, dieses Thema in Gesprächen mit Ministern, Landtagsabgeordneten in den Vordergrund zu rücken. Der Staatssekretär Heiko Miraß weiß Bescheid, Franz-Robert-Liskow weiß Bescheid und viele andere, die sich in Schwerin für uns einsetzen können. Ständige Kommunikation ist sehr wichtig.

Nicht nur dieses Bauvorhaben hängt in der Schwebe. Es brauchte zwei Sondersitzungen der Stadtvertretung, um die Fördermittelanträge für den Neubau eines Feuerwehrgerätehauses auf den Weg zu bringen. Wie hoch schätzen Sie die Chancen ein, ausreichend Förderung zu erhalten, um den Bau realisieren

zu können?

Das kann ich natürlich nicht voraussagen. Ich hoffe sehr, dass wir positive Bescheide auf unsere Fördermittelanträge erhalten. Dann geht es Schritt für Schritt weiter, dann kann mit dem Bau begonnen werden. Auch wenn wir uns bewusst sind, dass zu den explodierenden Baukosten der derzeitige Materialmangel kommt. Aber auch darüber haben wir uns in der Stadtvertretung verständigt. Es wurde ein eindeutiger Beschluss gefasst. Es gab ein klares Bekenntnis zum Neubau eines Gerätehauses. Ich bin an der Stelle wirklich stolz auf die Loitzer Stadtvertreter.

Die Förderung ist an die Bedingung geknüpft, dass der Bau Ende 2024 fertiggestellt ist. Bedeutet das, dass das Projekt Mehrgenerationenquartier dadurch noch weiter ins Hintertreffen gerät?

Nein. An der Realisierung der beiden Projekte wird gleichzeitig gearbeitet. Das ist kein Problem.

Ist Loitz in der Lage, zwei so ambitionierte Aufgaben parallel zu realisieren?

Ja. Wie gesagt beim Mehrgenerationenquartier stehen wir als Stadt nur beratend zur Seite. Die Stadtwerke, in ganz enger Zusammenarbeit mit dem Sanierungsträger, kümmern sich um den Bau in der Breiten Straße. Wir als Stadt konzentrierten uns auf den Neubau des Feuerwehrgerätehauses. So könnte beides parallel ablaufen.

In die Liste der noch nicht enden wollenden Probleme reiht sich auch der Rechtsstreit zwischen der Stadt und der Firma, die im Stadtteil Voßbäk vor vier Jahren eine neue Straße gebaut hat. Wie groß stehen die Chancen, das Verfahren im kommenden Jahr zu beenden?

Zu Beginn des neuen Jahres wird es einen ersten Verhandlungstermin vor Gericht geben. Mehr kann und möchte ich dazu nicht sagen und natürlich kann ich nicht voraussagen, wann das Ganze abgeschlossen ist.

Müssen die Bürger damit rechnen, postum noch mehr Anliegerbeiträge zu zahlen?

Nein.

Stichwort Stadtentwicklungskonzept: Warum erfährt die Öffentlichkeit eher wenig über die Arbeit an diesem wichtigen Papier?

Woran hakt es?

Es wird ein Stadtentwicklungskonzept kommen. Das ist Thema. Doch ich kann noch nicht über etwas reden, was noch gar nicht in Form vorliegt.

Dennoch hatte das Jahr 2022 auch in Loitz Positives zu bieten. Was steht auf der Habenseite ihrer Jahresbilanz als Bürgermeisterin?

Da gibt es doch eine ganze Menge, die wir geschafft haben. Die Betonung liegt auf wir, denn wir arbeiten hier in der Verwaltung als Team sehr gut zusammen, das Team vom Stadthof eingeschlossen.

Ich möchte nur einige Beispiele aufzählen wie den Wegebau in den Wohngebieten Haussmannstraße und Am Kiewitt. In Sophienhof wurden Spielgeräte erneuert, in Gülzowshof und Drosedow komplett neue Spielplätze errichtet. Das Feuerwehrgerätehaus in Düvier wurde saniert, der Fahrstuhl am Schulzentrum in Betrieb genommen, Fitnessanlagen in der Loitzer Schlossbergstraße und Rustow errichtet und auch die Sanierung der Dalben am Hafen konnte noch im Dezember angeschoben werden. In der öffentlichen Wahrnehmung leider viel zu schnell in Vergessenheit geraten scheint die Fertigstellung der Straßenbaumaßnahme in Wüstenfelde zu sein. Es redet kaum noch jemand über dieses Großprojekt, dass in diesem Jahr, dank Förderung, abgeschlossen werden konnte.

Worauf können sich die Loitzer in Sachen, Kultur-, Sport- und Städtepartnerschaft-Highlights freuen?

Vorausgesetzt, Events sind möglich, wollen wir im kommenden Jahr zu einem Tag der Vereine einladen und diese Aktion dann gleich mit einem Tanz in den Mai verbinden. In Sachen Städtepartnerschaft kann ich sagen, dass wir gerade mit den Hiddenhausenern im ständigen Kontakt stehen. Sie waren ja auch Gäste am Adventsmarkt-Wochenende. Doch auch zu unseren polnischen Freunden wollen wir weiter engen Kontakt halten. Also alles im Fluss.

Wird es ein Hafenfest geben?

Ja. Wir sind schon jetzt mit den ersten Vorbereitungen beschäftigt. Es soll auf jeden Fall 2023 ein Hafenfest rund um unsere Marina geben.

Apropos Hafenfest. Im Herbst 2022 verabschiedete sich das Hafenmeister-Ehepaar Müller in den wohlverdienten Ruhestand. Nun treibt viele Loitzer die Frage um, wer übernimmt ihren Job im Sommer 2023? Das Hafen-Bistro ist ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Touristen.

Das Hafenbistro ist verpachtet. Wir haben jetzt keinen Einfluss auf die Personalentscheidung. Ich weiß im Moment noch nicht, wer das Bistro übernehmen wird.

Mit Blick ins neue Jahr – was wünschen Sie sich für Loitz?

Ich wünsche allen Loitzern, dass sie ihren Gemeinschaftssinn, das Zusammengehörigkeitsgefühl, also genau das, was unsere Stadt ausmacht, beibehalten.

Und was wünschen Sie sich persönlich?

Gesundheit für meine ganze Familie. Das klingt immer sehr banal, aber es ist die Grundlage für alles andere. Wenn man gesund ist, dann kann man mit Optimismus an den Dingen dranbleiben. Das möchte ich Und meine Unruhe behalten, denn sie ist mein Antrieb. Es geht mir persönlich nicht um hohe Sprünge, sondern um die solide Basis, um so weitermachen zu können, wie bisher.