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Hoffnungsschimmer für Jarmener Mühle

Hoffnungsschimmer für die Jarmener Mühle?

Jarmen / Lesedauer: 4 min

Während sich die Landespolitik zur geplanten Schließung der einzigen Industriemühle MVs in Jarmen bisher in Schweigen hüllt, wird vor Ort händeringend nach einer Lösung gesucht.
Veröffentlicht:28.09.2019, 08:35

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Wenn die Nachricht vom Aus der Jarmener Mühle jemanden außerhalb der Peenestadt und ihrer Umgebung besonders getroffen haben dürfte, ist das wohl Gert Kopplin. Schließlich war der Mann 1993 bis 2012 mit Leib und Seele Geschäftsführer dieses bis dahin noch eigenständigen Betriebes. Und hat ihn mit mehr als einem weinenden Auge verlassen. „Nun ist etwas eingetreten, wo die Entwicklung von Anfang an hingehen sollte, was man schon immer in der Konzernzentrale wollte“, resümiert der Rentner, der in Franzburg lebt und von dem ehemalige Angestellte noch heute hochachtungsvoll reden.

Schon zu seiner Zeit existierte ein Masterplan innerhalb der Kampffmeyer-Gruppe, die später in der GoodMills Deutschland GmbH aufging, der eine Schließung aller Mühlen unter 100.000 Tonnen vorsah, verrät er. Jarmen mit einer Leistungsfähigkeit bis um die 70.000 Tonnen pro Jahr zählte zu den kleinsten. Doch Kopplin erwies sich als pommerscher Dickschädel und stemmte sich mit Modernisierungen und seinem Händchen für die Kundschaft erfolgreich gegen diese Pläne.

Regionale Produktion und Vermarktung

„Von der technischen Seite her läuft das in Jarmen noch heute wie eine Nähmaschine“, zeigt er sich überzeugt. „Aber das ist eben nur die eine Seite, die andere ist der Markt.“ Dass diese Mühle da nicht in die Konzernstrategie passe, sei verständlich. Aber eine komplette Schließung hält er trotzdem für falsch. Und kündigt deshalb nach einem ersten Krisentelefonat mit Bürgermeister Arno Karp an, diesem bei Rettungsversuchen zur Seite zu stehen.

Mit im Boot dürfte vermutlich auch Vorpommern-Greifswalds Wirtschaftsdezernent Jörg Hasselmann sitzen. Er kennt die Mühle von Besuchen gut und wurde ebenso kalt wie alle anderen von der Schließungsmeldung erwischt. Zumal seine Abteilung noch die Wochen zuvor in intensivem Kontakt mit der Werksleitung stand – wegen des Einbaus einer Feuerlöschanlage. Vom drohenden Aus war nie die Rede.

„Regionale Produktion und Vermarktung, das ist eine Wirtschaft, wie wir uns das vorstellen. Noch besser als mit der Jarmener Mühle geht es da doch eigentlich nicht“, erklärt der Vizelandrat im Gespräch mit dem Nordkurier. Zumal er um die technische Leistungsfähigkeit wisse und dass das dort produzierte Mehl qualitativ seinesgleichen suche. Jetzt einfach abwarten, könne sich der Landkreis nicht leisten. „Wir müssen da und wir werden da an einer Lösung arbeiten. Wir werden da auch noch mal mit dem Land reden“, kündigt er an. Aber sei klar, das ein Weiterbetrieb auf anderer Basis oder eine andere Nutzung keine einfache Sache würde.

Konzern hat noch keine Idee für den Mühlenkomplex

Auch die Landwirte wirken alles andere als erfreut über die Pläne von GoodMills, selbst wenn das preislich vermutlich kaum Auswirkungen für sie hat, wie Marion Wendt denkt, Geschäftsführerin des Bauernverbandes Demmin. „Es stimmt, unsere Bauern vermarkten zum Teil ihr Korn selbst an die Mühle. Künftig bleibt dann nur noch der Großhändler und damit weniger Einfluss darauf, wohin das eigene Getreide geht.“ Hier gedroschen, hier gemahlen, hier verbacken – das gehöre so bald der Vergangenheit an.

Dies passe natürlich nicht zum propagierten Anspruch von mehr Regionalität. Was selbst der Firmen-Pressesprecher Karl-Friedrich Brenner gegenüber dem Nordkurier einräumen muss. „Wir versuchen immer, Getreide aus der Region zu holen. Wobei man diese Bezeichnung als relativ ansehen muss bei einem Unternehmen von der Größe von GoodMills.“ Von daher sei es tatsächlich schade, dass Jarmen zugemacht werden müsse. Dort nämlich trifft die Bezeichnung haargenau zu: Vier Fünftel des Getreides kommen aus einem Umkreis von 30 Kilometern.

Kommune und Unterstützer der Mühle hoffen auch deshalb, den Markt eventuell von einer anderen Seite bedienen zu können, um so den historischen Standort über die 113 Jahre hinaus zu erhalten: Nischenprodukte, sprich ein Sonderprogramm von Erzeugnissen links und rechts der normal üblichen Produktion gelten da als eine Idee. Bei der natürlich der bisherige Eigentümer mitziehen müsste. Der kann momentan noch keine Überlegung oder gar schon Pläne zur Folgenutzung des Gebäudekomplexes vorweisen, sagt sein Pressesprecher.

Bis dahin dürfe ohnehin nicht abgewartet werden, sind sich Rathauschef Karp und der einstige Geschäftsführer einig. Denn wenn einmal Schluss ist mit der Produktion und das Gros der Fachleute erst mal weg ist, erscheint ein Neustart viel schwerer. „Jetzt ist das Eisen noch heiß und man kann was schmieden, um das in andere Bahnen zu lenken“, sagt Gert Kopplin. „Und das liegt mir auch am Herzen.“