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Jarmener Mühle

Krisengipfel lässt einige Wege offen

Jarmen / Lesedauer: 4 min

Keinen Durchbruch, aber einige Ansatzpunkte für Zukunftsperspektiven brachte das erste Krisengespräch zwischen Unternehmen und Politik in Jarmen.
Veröffentlicht:07.11.2019, 05:41

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„Wir hoffen natürlich, dass uns der Betrieb als Mühle erhalten bleibt. Und wir haben als Prämisse gesetzt, dass wenn wirklich nichts mehr geht mit Mehl, dass man uns dann hier keine Ruine stehen lässt.“ Mit diesen Worten kommentierte Jarmens Bürgermeister Arno Karp den ersten offiziellen Krisengipfel wegen der für nächsten Herbst angekündigten Schließung des vorpommerschen Standortes der GoodMills Deutschland GmbH. Zu dem am Mittwoch neben der Geschäftsführung aus Hamburg auch Vertreter des Landkreises und Wirtschaftsministeriums im Rathaus eintrafen sowie Harry Erdmann (Linke) und Carl Hesse (CDU) als Abgesandte der Stadtvertretung.

Appell an Geschäftsführung

Jene hatte zuvor einhellig ein Schreiben an den Müllerei-Konzern unterzeichnet, in dem gegen die Schließungspläne protestiert und Unverständnis darüber geäußert wird. Nicht nur wegen der Konsequenzen für die Angestellten, hiesige Handwerksfirmen und die Kommune an sich, sondern ebenso mit Blick auf Klimaschutz und Bestrebungen zu mehr Regionalität. „Wir als Stadtvertreter bitten Sie darum, Ihre Entscheidung zu überdenken und würden das Festhalten an dem Traditionsort Jarmen als Mühlenstandort sehr begrüßen“, heißt es am Ende.

Doch dieses Werk wie bisher weiterzuführen, erscheint GoodMills momentan undenkbar, machte dessen neuer Geschäftsführer Christoph Klöpper im Rathaus und später bei einer Mitarbeiter-Runde klar. „Wir reden hier über eine Branche, in der geht es ums blanke Überleben“, erklärte er zudem im Gespräch mit dem Nordkurier. Und warnte, sich allein von guten Geschäftszahlen leiten zu lassen, wie sie der Konzern jüngst über die Lebensmittelzeitung verbreitete. Darin war die Rede von einer relativ stabilen Marktentwicklung, der Verbund meldete im jüngst abgelaufenen Geschäftsjahr einen Absatz von 1,3 Millionen Tonnen und einen Umsatz von 440 Millionen Euro.

„Es geht mehr um Verdrängung als um Wachstum“, wird Klöpper zitiert, spricht von Überkapazitäten. Und betonte gestern, dass sich die Firma neben der Konzentration der klassischen Müllerei an möglichst leistungsfähigen Standorten verstärkt um neue Wachstumsmärkte in der Lebensmittelherstellung kümmern müsse, etwa im Bereich der Fleischersatz-Produkte. „Im Moment gibt es da eine große Dynamik, auch bei der Digitalisierung. Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen.“ Jarmen spielt in diesen Planungen bei GoodMills keine Rolle mehr, die dort produzierten Mehlmengen würden auf die Standorte Berlin und Hamburg verteilt. Von daher besteht wohl wenig Hoffnung, dass das Unternehmen einem anderen die Übernahme dieser Produktion überließe. „Glauben Sie mir, wir haben da selbst nach einem Konzept für Jarmen gesucht“, berichtete Klöpper. „Deshalb fällt es mir schwer zu glauben, dass jemand anderes eins hat.“

Chance als Spezialitätenmühle?

Was indes nicht bedeute, dass eine generelle Ablehnung gegen einen Weiterbetrieb als Mühle durch Fremde besteht. „Wir sehen das dann aber eher als eine Spezialitätenmühle, vielleicht ja mit ganz anderen Früchten.“ GoodMills sei da für alle Gespräche und Lösungsansätze offen, lautet seine Zusage. Wobei das zwei verschiedene Varianten umfasst: Zum einen die komplette Übernahme durch einen Investor, zum anderen eine Zusammenarbeit.

„Da gibt es sicher Interessenten, aber da sind am Ende so viele Dinge zu beachten, dass man dazu im Moment nichts sagen kann und sollte“, sagte Vizelandrat Jörg Hasselmann, der als Wirtschaftsdezernent beim Landkreis der Ansprechpartner für das Jarmener Mühlen-Problem ist. Auch er zeigte sich angetan von der gestern demonstrierten Gesprächsbereitschaft. „Und für uns ist es natürlich positiv, dass wir da einen gewissen zeitlichen Spielraum bekommen haben und nicht wie woanders von heute auf morgen zugemacht werden soll.“ Hasselmann will vonseiten des Landratsamtes alles Mögliche für den Erhalt des Standortes tun, einschließlich der Suche nach Fördermöglichkeiten. Schaut dabei jedoch auch in Richtung Land. „Wir sind da sicherlich auf eine Kooperation angewiesen.“

Nicht noch eine Ruine

GoodMills’ Hauptfokus liegt derweil auf der Zukunft der Beschäftigten, der Abnahme der Getreidemengen sowie der Kunden-Belieferung, wie Christoph Klöpper erläuterte. Die Sorgen um die künftige Nutzung des Gebäudes stehen da bisher weit hintenan. Wobei der Geschäftsführer durch den Rathaus-Termin nun nachvollziehen kann, warum genau das bei der Kommune viel mehr im Fokus steht. Die befürchtet eine weitere Großruine in der Region. „Egal, was aus dem Standort wird. Wir werden das nicht einfach verfallen lassen, wir werden uns darum kümmern“, versprach der Mann gegenüber dem Nordkurier.