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Dargun

Nazis streckten Finger nach Klosterkirche aus

Dargun / Lesedauer: 3 min

VonGerald GräfeAls Feier- und Weihehalle wollten die Nationalsozialisten vor75 Jahren das Darguner Gotteshaus für sich beanspruchen.Dargun.Die Darguner ...
Veröffentlicht:11.05.2013, 02:31

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VonGerald Gräfe

Als Feier- und Weihehalle wollten die Nationalsozialisten vor
75 Jahren das Darguner Gotteshaus für sich beanspruchen.

Dargun.Die Darguner Klosterkirche ist schon eine besondere. 1172 wurde sie errichtet, als wohl erste Kirche im Land der besiegten slawischen Zirzipanen. Nach Aufhebung des Klosters 1552 ist sie zur Schlosskirche umgestaltet worden.
So lesen sich die Eckdaten von St. Marien. 1938 wäre nun beinahe eine weitere Station hinzugekommen. Am
9. November 1938 – an jenem Tag brannten deutschlandweit Synagogen und wurden Geschäfte jüdischer Mitbürger demoliert – schrieb der Malchiner Landrat Willy Burmeister an das Staatsministerium in Schwerin: „Der Kreisleiter der NSDAP Malchin ist an mich mit der Bitte herangetreten, die Schlosskirche zu Dargun der Partei für ihre Zwecke kostenlos als Feierraum zur Verfügung zu stellen.“ Denn, so Landrat Burmeister, die Christen am Klostersee hätten ja noch eine zweite Kirche und könnten deshalb die Schlosskirche entbehren. In dieser würden ohnehin nur alle zwei Wochen Gottesdienste stattfinden. Das könne auch in der Pfarrkirche passieren. „Der Kreisleiter weist darauf hin, dass in Torgelow und anderweitig ähnlich verfahren sei, dass also grundsätzliche Bedenken solchem Vorhaben keineswegs entgegenstehen dürften“, formulierte der Landrat überzeugt: „Ich bin der Auffassung, dass es möglich sein müßte, mit dem Oberkirchenrat zu einer Vereinbarung zu kommen, dass die Kirche heute für die Aufgaben der den Staat tragenden Partei ausschließlich zur Verfügung gestellt wird. Ich unterstütze dringend den Antrag des Kreisleiters.“
Das mecklenburgische Staatsministerium, Abteilung Finanzen, erbat dann am 22. November 1938 eine Stellungnahme beim Schweriner Oberkirchenrat. Dieser ersuchte drei Tage darauf die Malchiner Landessuperintendentur um eine „berichtliche Stellungnahme“.
Landessuperintendent Johannes Kretzschmar schrieb am 29. November an Darguns Pastor Karlfriedrich Reinwald: „Ich bitte Sie, sofort Ihre Stellungnahme hierher kundzutun, auch zu berichten, wie oft die Darguner Schlosskirche für kirchliche Zwecke genutzt wird, und auch sonst zur Sache Erforderliches – zum Beispiel wird die Schlosskirche überhaupt kirchlicherseits benötigt, aus welchen Gründen, und so weiter – hierher zu schreiben.“ Unter seinen Brief setzte der Kirchenmann ein „Heil Hitler!“
Der Pastor antwortete noch am selben Tag, wie auf seiner Randnotiz auf dem Brief aus Malchin zu sehen ist. Was und wie er antwortete, ist nicht bekannt. Doch lehnte er das Anliegen der Kreis-NSDAP wohl ab, denn die Schlosskirche wurde bis zum Brand von 1945 weiter von der Kirchgemeinde genutzt. Die Feier- und Weihehalle entstand nicht.
Die Schlosskirche konnte der Geistliche für seine Gemeinde zwar bewahren. Doch das Geläut wurde ihr 1942 mit der Wegnahme der klösterlichen Marienglocke komplett genommen. Nur in der Pfarrkirche blieb eine Glocke zurück. Denn laut Richtlinie des Reichsmarschalls Hermann Göring als Beauftragter des Vierjahresplans durfte in jeder Kirchgemeinde „bis auf weiteres eine läutefähige kirchliche Glocke“ verbleiben. So hatten die Christen am Klostersee nun wohl zwei Kirchen, doch nur noch eine Glocke ...

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