StartseiteRegionalDemminStolz oder Schande – das ist hier die Frage

Demminer Ulanen-Denkmal

Stolz oder Schande – das ist hier die Frage

Demmin / Lesedauer: 3 min

Wie geht man mit einer Tradition um, die militärisch ist – und damit zwangsläufig auch mit Krieg und Tod zu tun hat? Demmin war Ulanenstadt, die Zeit der Reiterkrieger ist eigentlich lange vorbei. Doch plötzlich ist das Thema wieder aktuell.
Veröffentlicht:25.04.2014, 20:47

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Regionalmuseum und Hansestadt, nein, innige Liebe verbindet sie bislang gewiss nicht miteinander. Noch immer, seit einem geschlagenen Jahr bald, wartet Museumschef Hans Clemens nun schon auf Antwort aus dem Stadtparlament auf seine Fragen, wie die Abgeordneten zur künftigen Unterstützung des Geschichtshauses stehen und ob sie ein Museum in Demmin überhaupt noch für nötig erachten. Nächsten Mittwoch kann er die Fragen noch einmal stellen, und vielleicht bekommt er dann ja Antwort. Denn zum ersten Mal tagt der Kulturausschuss der Stadtvertretung im vereinsgetragenen Regionalmuseum, und es dürfte auch für einige Abgeordnete eine Premiere sein: Demminer Kommunalpolitiker wurden in letzter Zeit nicht wirklich oft gesehen in den Ausstellungskammern am Hanseufer.

Der Anlass für den seltenen Besuch ist eigentlich ein anderer, und er ist nicht kulturpolitisch minder brisant als der Fortbestand des Museums selbst. Es geht um das Ulanendenkmal - und kaum ein Thema im öffentlichen Demminer Stadtgedächtnis spaltet die Meinungen mehr als die Ulanen. Die einen würden die militärgeschichtliche Tradition der alten Ulanenstadt gern höher herausgestellt und auch touristisch vermarktet sehen, die anderen halten das für eine Kriegsverherrlichung unheilvoller Zeiten, in denen vor allem preußendeutscher Nationalismus wurzelte - und wohin das letztlich führte, ist bekannt.

Petra und Hans Clemens, die beiden prägenden Akteure des Regionalmuseums, sind bekennende Gegner eines neuen „Ulanenkults“. Wenn sie dem Kulturausschuss am Mittwoch eine Informationstafel für das Ulanendenkmal vorschlagen, darf man davon ausgehen, dass es sich eher um eine kritische zeitgeschichtliche Einordnung und Betrachtung handeln wird. Basis ist jenes Material, das Petra Clemens schon zum vorigen Tag des offenen Denkmals anfertigte. Statt Heldenpathos und Opfergedenken für das einst in Demmin stationierte, 1918 aufgelöste Pommersche Ulanenregiment Nr.9 stellte die Kunsthistorikerin das 1924 errichtete Memorial in ein deutlich anderes Licht.

Denn von Beginn an bargen die martialisch aneinander gewuchteten Findlinge am Rand der Tannen alles Wohl und Wehe solcher Art von Gedenkstätten: Die Nazis stilisierten es zum Weiheort ihres rassistischen Rassewahns hoch, die Russen ließen es nach 1945 schleifen. Zu DDR-Zeit war das Thema tabu, erst nach der Wende ließ die Kommune den Ort wieder herrichten. Heute würden gerade ältere Demminer das Reiterstandbild gern restaurieren lassen, während es die Gegner regelmäßig mit Farbe besprühen. „Grobe Sachbeschädigung“ nennt Karsten Behrens das. Der studierte Militärhistoriker, heute Prokurist der Stadtwerke, hat bereits ein Faltblatt zur Geschichte der Ulanen herausgegeben, es ist in der Stadtinformation erhältlich. Behrens steht sozusagen für eine andere, betont sachliche Auseinandersetzung mit dem umstrittenen Thema. Für ihn sind die Ulanen ein bedeutsames Kapitel der Demminer Stadtgeschichte. „Entdecken Sie Demmin entlang historischer Reitwege“, lädt sein illustriertes Faltblatt zur touristischen Routen ein von der ehemaligen Westkaserne bis zum ehemaligen Pferdelazarett. So kann man es auch sehen.

Wie das Ringen um die Deutungshoheit über das Demminer Ulanendenkmal weitergeht: Dienstag, 29. April,  Regionalmuseum, 18 Uhr.