So richtig fassen kann Christian Schmidt sein Glück über dieses besondere Geschenk aus der Nachbarschaft wohl immer noch nicht. Schließlich versucht der Mann seit vielen Jahren mit großem Enthusiasmus, Licht in die Historie und Baugeschichte von Schloss Broock zu bringen. Anfangs aus rein privatem Interesse und sozusagen ehrenamtlich, inzwischen als Projektleiter der neuen Besitzer Stefan und Monika Klinkenberg aus Berlin, die das einst so majestätische Gut mitten im Tollensetal retten und zu einem Veranstaltungszentrum ausbauen wollen.
Doch selbst ihr Experte vor Ort kennt trotz umfangreicher Recherchen noch längst nicht jedes Detail, was die von Friedrich August Stüler zur Mitte des 19. Jahrhunderts umgestaltete Fassade betrifft. Dabei soll zumindest von außen künftig wieder vieles diesem Originalzustand entsprechen. Das betrifft auch jene 39 Dachgeschossfenster, die sich rund um das Schloss ziehen. Sie resultierten damals aus der Erhöhung der Fassade über dem ersten Stock um ein halbes Blendgeschoss mit Zinnenkranz. „Stüler versuchte vermutlich durch diesen architektonischen Kniff die Proportionen des Hauses zu korrigieren, in dem er die untere Hälfte des enormen Daches hinter dem neu gebauten Drempel verbarg“, erläutert Christian Schmidt.
Schloss wurde nach dem Leerzug ausgeschlachtet
Doch über mehr als ein paar Überlieferungen auf Fotos verfügten die Klinkenbergs bisher nicht von diesen circa 70 mal 70 Zentimeter großen Fenstern. Auch sie fielen nach dem Leerzug des Schlosses 1974 dem großen Ausschlachten des Gebäudes zum Opfer und wurden wie so vieles aus dem historischen Bestand in alle Himmelsrichtungen verschleppt. Einiges davon soll in Häusern, in Gärten und auf Höfen der Region als Schmuckelement verbaut worden sein, doch zu Gesicht bekam ihr Projektleiter lange kaum etwas davon.
Doch vor einigen Wochen bekam Christian Schmidt abends in seinem Büro unverhofften Besuch mit einem noch unverhoffteren „Geschenk“: Leute aus einem Dorf der Region brachten einen ganzen Kofferraum voll mit originalen Bauteilen des Schlosses vorbei. Darunter glücklicherweise zwei der besagten Fenster, die vermutlich aus der Kunstgießerei von Moritz Geiß aus Berlin stammen. Wie manches andere führen sie vor Augen, dass Stüler in Broock neueste moderne Baumaterialien und -elemente zum Einsatz brachte. „Zinkguss kam damals gerade groß raus, weil es nicht so korrosionsanfällig wie Eisenguss ist“, erläutert der Experte. Vieles davon kam als hochwertige Katalogware aus Manufakturen, weiß Schmidt, weshalb an zahlreichen anderen Guts- und Herrenhäusern mitunter recht ähnliche oder gar baugleiche Stücke existieren.
Hoffnung, dass noch mehr Teile den Weg zurück finden
Das gilt ebenso für jene Formsteine, die das Gros der Kofferraumladung bildeten, und die in dieser Art sogar an August Stülers Berliner Wohnhaus verwendet worden seien. In Broock schmückten sie ursprünglich die Brüstungen der Auffahrtsrampe und der Gartenterrasse, daher die zwei verschiedenen Abmessungen dieser Fundstücke. „Die Terrasse geht auch noch auf Stülers Entwurf zurück, wurde aber später gebaut“, erklärte Christian Schmidt.
Er muss und will noch eine Menge weiterer Rätsel lösen, um die Restaurierung des Broocker Schlosses möglichst originalgetreu vornehmen lassen oder wenigstens klar Aussagen zu bestimmten Dingen machen zu können. Wie beispielsweise bei den Kapitellen und Figuren des Wintergartens, die sich nur noch teilweise auf alten Fotos nachempfinden lassen. „Vielleicht werden in Zukunft noch mehr originale Ausstattungsstücke den Weg zu uns finden und uns dabei helfen, Broock sein altes Gesicht zurückzugeben“, so die Hoffnung Schmidts.