Angst oder Respekt vor dem Raubtier?
Wolf sorgt für heiße Diskussion
Demmin / Lesedauer: 3 min
Wenn die Rede auf den Wolf kommt, dann klingt gewöhnlich die ganze Klaviatur menschlicher Gefühle an von abgrundtiefer Furcht über Ablehnung des in unseren Breiten lange Zeit ausgestorbenen Jägers bis zu leidenschaftlicher Verteidigung seines Schutzes. Nur eines bleibt in der Regel aus: Gleichgültigkeit.
Zu tief sitzt dafür die Urangst vor dem „bösen Wolf“, zu sehr geprägt ist das kollektive Seelenleben selbst des modernen Menschen von Mythen wie in Grimms Märchen und von realen Bildern gerissener Schafe oder gar Angriffe wie in Griechenland. Dabei liefern die nüchternen Zahlen derzeit kaum einen Grund für solche Reaktionen.
Nüchterne Zahlen
Rund 160 erwachsene Tiere gibt es in Deutschland, drei Rudel, drei Paare und wahrscheinlich vier Einzeltiere in Mecklenburg-Vorpommern. Sie ernähren sich zu 95 Prozent von wilden Huftieren und zu weniger als einem Prozent von Haustieren. Zahl der Angriffe auf Menschen: null. So zumindest stellte es sich dar in den Ausführungen und Grafiken, die der Wolfsexperte des Müritz-Nationalparkamtes, Volker Spicher, am Donnerstagabend auf eine Wand des Hotels „Demminer Mühle“ beamte.
Spicher hielt dort das einführende Referat zu einer von der AfD organisierten Podiumsdiskussion mit dem Thema „Wolf“. Dafür hatte Enrico Schult vom Kreisvorstand der Partei eine relativ große Bandbreite an Meinungsvertretern gewonnen.
Außer Volker Spicher saßen auf dem Podium der Vorsitzende der Landesschafzuchtverbände, Jürgen Lückhoff, die Geschäftsführerin des Bauernverbandes Demmin, Marion Wendt, sowie der Vorsitzende des Jagdverbandes Demmin, Egbert Scholle. Und wie auf dem Podium gingen auch unter den Besuchern die Meinungen auseinander.
Zweifel und Sorgen
Zweifel an der Notwendigkeit einer „Wiederansiedlung“ des Wolfs in dicht besiedelten Regionen mit intensiver Landwirtschaft wurden ebenso laut wie an den von Spicher vorgelegten Zahlen und der Berechtigung des strengen Wolfsschutzes.
Ein Landwirt aus dem Malchower Bereich sorgte sich um eine Mutterkuhherde und sah einen Widerspruch zwischen der gesellschaftlichen Forderung nach vermehrter Weidehaltung und Wolfsschutz. Einem anderen Teilnehmer zufolge sollen schon Touristen besorgt gefragt haben, ob man überhaupt noch in den Wald gehen könne. Andere hätten sich beklagt, dass man kaum noch Rehe sehe.
Doch es gab auch Stimmen für den Wolf. Er werde nicht angesiedelt, hielt eine junge Frau dagegen. „Er ist einfach gekommen und wir haben ihn gewähren lassen.“ Eine Gefahr für den Menschen sah sie nicht, zumal sogenannte Problemwölfe notfalls geschossen werden könnten.
Der Wolf, das zeigte sich in der vom Publikum teils völlig konträr geführten Diskussion, spaltet die Gesellschaft. Näher beieinander waren dagegen die Interessensvertreter auf dem Podium. Weder Schafzucht- noch Bauernverband wünschten eine erneute Ausrottung des Tieres in Deutschland.
Allerdings sollte man die Bestände in Grenzen halten und die Gesellschaft, wenn sie ihn den Wolf denn wünschte, auch stärker für die Folgen aufkommen, um Nutztiere und Viehhalter zu schützen. Ähnlich sieht es Egbert Scholle vom Jagdverband, der dem Wolf aus jagdlicher Sicht Nutzen wie Schaden zubilligte. „Respekt vor dem Wolf ja, Angst nein“, sagte er. „Man muss aber auch dem Wolf Respekt vor dem Menschen beibringen.“