StartseiteRegionalMüritzDas „Bombodrom“ liegt endgültig bei den Akten

Gerichtsentscheid

Das „Bombodrom“ liegt endgültig bei den Akten

Lärz / Lesedauer: 3 min

Acht Jahre ist es her, dass der Bund seine Pläne fallen ließ und auf einen Bombenabwurfplatz verzichtete. In Lärz hat die Sache jetzt ein Ende gefunden.
Veröffentlicht:08.10.2017, 15:06

Artikel teilen:

Jetzt könnte Hartmut Lehmann das Bombodrom bildlich gesprochen zu den Akten legen – eigentlich. Denn nun, sage und schreibe acht Jahre nach dem Aus für das in der Kyritz-Ruppiner Heide geplante Bombodrom, flatterte auf den Schreibtisch des Bürgermeisters von Lärz eine Gerichtsentscheidung in Sachen Bombodrom. Jetzt hat Lehmann schriftlich, dass die Gemeinde nicht auf die, ursprünglich ebenfalls von einem Gericht zugesprochenen rund 35.000 Euro Entschädigung für Gerichtskosten hoffen darf.

Trotz Sieg gegen das Bombodrom nun doch eine Niederlage? Hartmut Lehmann verneint energisch: „Dieser Protest einer ganzen Region gegen die Bombodrom-Pläne, das war einmalig. Dass wir kein Bombodrom und keine tieffliegenden Militärflugzeuge hier haben, das ist unser aller Erfolg.“

Pläne für größten Abwurfplatz Europas

Rückblick: Die Bundeswehr plante im Jahr 2003, in der Kyritz-Ruppiner Heide einen Bombenübungsplatz einzurichten. Militärpiloten sollten dort üben, Bomben abzuwerfen. Weil in Brandenburg das Überfliegen einzelner Regionen nicht gestattet war, wich man auf Mecklenburg aus und legte die Einflugschneide für den dann größten Luft-Boden-Schießplatz in Europa über Lärz und den Nebelsee. Eine ganze Region stand gegen diese Pläne auf. Initiativen und Bürgerbewegungen wie die Freie Heide aus dem Brandenburgischen, Pro Heide als Unternehmer-Vereinigung und natürlich der „Freie Himmel“ als mecklenburgische Aktionsgemeinschaft nahmen den Kampf auf.

In der sogenannten Südallianz vereinten sich rund 70 Städte und Gemeinden. Die Gemeinde Lärz zog, stellvertretend für andere Gemeinden, vor Gericht und reichte Klage gegen die Pläne der Bundeswehr ein. Die Kosten dafür türmten sich auf rund 110 000 Euro auf. „Wir mussten Gutachten vorlegen, die bewiesen haben, dass die Gemeinde vor allem durch Lärm enorm belastet worden wäre. Und wir mussten natürlich auch Anwälte bezahlen“, rechnet Bürgermeister Lehmann vor.

Reihenweise Ordner mit Dokumenten gefüllt

2009 nahm der Bund von seinen Plänen Abstand, das Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide einzurichten. Lärz versuchte damals schon, einen Teil der Gerichtskosten erstattet zu bekommen. Zunächst wurde der Gemeinde das Geld auch zugesprochen, ein Widerspruch des Bundes verhindert das jedoch. Die Lärzer blieben dran, mahnten über ihren Anwalt Dr. Geulen eine Entscheidung des Gerichtes an, die nun endlich vorliegt. „Für uns hat alles, was mit dem Bombodrom zu tun hat, Priorität, aber bei den Gerichten nicht“, erklärt Bürgermeister Lehmann, warum erst acht Jahre nach dem Aus für die Bombodrom-Pläne die Entscheidung gefallen ist. Hartmut Lehmann kann es gelassen nehmen, dass das Geld als Ausgleich für die Gerichtskosten nicht kommt. „Es gab viele Spenden für die Protestbewegung, rund 111 000 Euro sind damals zusammengekommen“, erklärt Lehmann. Schulden muss die Gemeinde Lärz deshalb nicht mit sich herumtragen.

Für Bürgermeister Lehmann bleibt der Kampf gegen das Bombodrom eine besondere, aus seiner Sicht einmalige Sache. „Hier stand eine ganze Region geschlossen zueinander, auch die, die selbst nicht direkt betroffen waren. Wo gibt es das heute noch“, fragt der Lärzer. In seinem Bürgermeisterbüro stapeln sich haufenweise Gerichtsunterlagen, Presseartikel, Stellungnahmen, Protokolle, Kreistagsbeschlüsse, Gutachten, Anwaltsschreiben – der „Fall Bombodrom“ hat reihenweise Aktenordner gefüllt. Hartmut Lehmann hat alles aufbewahrt, vielleicht nicht ohne Grund. „Könnte sein, dass daraus mal ein Buch wird“, sagt Lehmann.