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Mobilfunknetz

Warum die Funkloch-App ein aberwitziger Fehlschlag ist

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Weißen Flecken im Mobilfunknetz wird der Kampf angesagt. Mit der App „Breitbandmessung“ können Bürger Funklöcher melden. Aber funktioniert das? Wir haben es getestet.
Veröffentlicht:03.11.2018, 08:00

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Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, hat erst kürzlich die neue, überarbeitete Version der bestehenden App „Breitbandmessung“ vorgestellt. Ab sofort können Bürger damit Lücken in der Mobilfunkabdeckung melden. Der CSU-Politiker sagte zu dem Update: „Die App speichert den Standort – und überträgt die Daten, sobald das Handy wieder Internet hat. Auf Grundlage dieser Informationen werden wir mit den Mobilfunk-Anbietern darüber sprechen, wo die Netze noch weiter verbessert werden müssen. Der Zustand, den wir jetzt haben, ist für eine Wirtschaftsnation untragbar. Wir brauchen eine flächendeckende Mobilfunkversorgung in Deutschland.“

2019 sollen die Ergebnisse in einer Karte öffentlich zugänglich gemacht werden. „Hierfür ist es erforderlich, dass möglichst viele Daten vorliegen, um einen großen Bereich abdecken zu können“, sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Zusätzlich zu der öffentlichen Karte ab 2019 soll im Jahrestakt ein Monitoring-Bericht zur Netzabdeckung vorgelegt werden.

Daten werden an zentralen Server übermittelt

Aber funktioniert die App wirklich? Wir haben sie getestet. Unter dem Namen „Breitbandmessung“ ist sie verfügbar. Zuerst benötigt die App ein paar Angaben bezüglich des genutzten Netzbetreibers, etwa ob vertraglich im Falle eines aufgebrauchten Datenvolumens eine Drosselung vereinbart ist. Mit einem Klick auf die Schaltfläche „Netzverfügbarkeit erfassen“ startet der Nutzer die Abfrage.

Ab diesem Zeitpunkt erfasst die App in Abständen von maximal 50 Metern, ob eine Netzabdeckung vorhanden ist. Die erfasste Strecke wird auf einer Karte dargestellt. Dabei wird farblich unter „kein Netz“ und drei Technologien, 2G bis 4G, differenziert. Wenn der Nutzer die Erfassung stoppt, werden die Daten unter Angabe von Ort, Zeit und Mobilfunkanbieter an einen zentralen Server übermittelt. Sollte es ein Funkloch geben, erfolgt die Übertragung, nachdem wieder eine Verbindung zum Internet besteht. Theoretisch. Bei einem ersten Testlauf im Waldgebiet der Carlshöhe am Neubrandenburger Stadtgebiet wirkte das Ganze noch recht holprig.

Stark schwankende Netzverfügbarkeiten

Denn obwohl das Handy vor Eintritt in das Waldgebiet eine miserable Verbindung attestierte, leuchtete die abgelaufene Strecke in der App in Dunkelblau – das steht für eine 3G-Verbindung, also bis zu maximal 42 Mbit pro Sekunde. Ungefähr ab der Stelle, an der keine Verbindung mehr vorhanden war, zeigt die Karte nichts mehr an – dort müsste sie nun aber ein Funkloch ausweisen. Die Breitbandmessung bestätigte immerhin korrekt eine schlechte Verbindung – 0,4  Mbit pro Sekunde, nur 1 Prozent dessen, wozu eine 3G-Verbindung mit HSDPA maximal fähig ist. Eine neue Messung war, so ließ es die App selbst verlauten, ab einem bestimmten Punkt aufgrund des nicht vorhandenen Netzes unmöglich. Aber was nutzt eine App, die Funklöcher nicht mehr ermitteln kann, sobald sie sich im Funkloch befindet?

Lief die App bloß bei unserem ersten Test nicht rund? Oder ist das Netz außerhalb Neubrandenburgs einfach nur noch lahmer als anderswo? Das sollten weitere Testläufe zeigen. Das Ergebnis: In den Aufzeichnungen gab es weiterhin Messlücken und an ein und derselben Stelle wurden mit etwas Zeitabstand stark unterschiedliche Netzverfügbarkeiten angezeigt. Und wie zuvor bekam das Handy von der angeblich guten Netzverfügbarkeit nichts mit. Ein Funkloch fand die App nicht, das Mobiltelefon aber stellenweise leider auch kein Netz.

Funklöcher sollten gestopft werden

Ganz ausgereift scheint das Konzept noch nicht zu sein. Eine App, die ein gutes 3G-Netz anzeigt, welches aber vom Handy nicht gefunden wird, meldet Funklöcher nicht eindeutig. Vor allem aber schlägt die App-Idee deswegen fehl: Wir wissen doch, wo Funklöcher sind. Mobilfunkanbieter wie Telekom, Vodafone und O2 wissen schließlich, wo ihre Kunden Empfang haben und wo nicht. Außerdem gibt es von der Bundesnetzagentur bereits eine Karte, wo in Deutschland welche Funkanlagen stehen.

Dadurch ergibt sich doch ein recht genaues Bild, wo welcher Mobilfunk-Standard verfügbar ist – und wo nicht. Statt einer Melde-App sollte Digitalminister Scheuer also lieber daran arbeiten, die Funklöcher zu stopfen. Also wozu dann noch diese Ablenkung durch die App?