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In China

Warum immer wieder dieser Sack Reis umfällt

Peking / Lesedauer: 3 min

Wenn mal wieder ein Sack Reis umkippt, dann ist eigentlich nichts Wichtiges passiert. Doch Vorsicht: Wer dies glaubt, unterliegt einem großen Irrtum.
Veröffentlicht:20.09.2018, 16:02

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Als Reis werden die Getreidekörner der Pflanzenarten Oryza sativa und Oryza glaberrima bezeichnet. Vor allem in weiten Teilen Asiens ist Reis ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Die kleinen Körner werden dort meist in großen Säcken gelagert. Ab und an kippt so ein Sack Reis um.

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Da nun in den Ländern mit einer besonders hohen Dichte an Reissäcken verhältnismäßig häufig eben jene vollgepackten Beutel auch mal umkippen, ist dies ein Ereignis, dem gemeinhin eine enorme Bedeutungslosigkeit zugeschrieben wird. „In China ist ein Sack Reis umgefallen.” Das klingt wie: „In Brandenburg ist mal wieder jemand vor den Baum gegurkt.” Oder: „Auf dem Weg zur Zuckerfabrik nach Anklam ist eine Rübe vom Laster gefallen.”

Doch zurück zum Reis, der übrigens nach Zuckerrohr, Mais und Weizen die viertwichtigste Nutzpflanze der Welt ist. Weißer Reis enthält nicht viele Nährstoffe und Vitamine, Vollkornreis hingegen ist vollgepackt mit Magnesium, Calcium, Eisen und Zink. Es gibt auch Duftreis, Rundkornreis, Langkorn-Reis, Basmati-Reis, Jasmin-Reis oder Wildreis.

Wer hat's erfunden?

Zum genauen Ursprung der bekannten Metapher ist hingegen wenig bekannt. In Gebrauch ist sie bereits seit Jahrzehnten. 2008 sagte der damalige Ministerpräsident von Brandenburg, Matthias Platzeck, in einem Interview: „Ob wir in Brandenburg unsere beiden Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe schließen, hat auf das Weltklima ungefähr soviel Auswirkungen, als ob in China ein Sack Reis umfällt.“

Wenn so ein Sack umfällt, dann bahnt sich die Tragödie meist bereits Sekunden vorher an. Eine Zeit lang ist es sogar noch möglich, einzugreifen, den Sturz zu verhindern. Doch das ist nur Wunschdenken. Irgendwann verlagert sich die träge Masse von oft einigen Kilogramm derart ungünstig in die Schieflage, dass die unerbittliche Schwerkraft zu greifen beginnt und den Sack mit dem Reis darin zu Boden zerrt. Wumms! Ein Korrespondent der „taz“ hatte einmal solch ein Ereignis auf dem Sanyuanli-Markt in Peking beobachtet. Niemand gab sich dort die Mühe, den Sack wieder aufzurichten. Deswegen wird Reis auch am besten liegend gelagert.

Viele Medien sehen sich oft dem Vorwurf ausgesetzt, über scheinbar unwichtige Themen groß zu berichten. „... und in China ist ein Sack Reis umgefallen“, schreiben dann etwa genervte Leser unter die Artikel, auf Facebook-Seiten und in Drunterkommentaren auf Twitter. Viel Lärm um Nichts und so. Der Medien-Blog „Übermedien“ hat sich einmal die Mühe gemacht und überlegt, wie Focus, Bild, Zeit und Co. über einen dieser umgefallenen Säcke berichten würden.

Und jetzt, liebe Leser, haben Sie diesen Artikel tatsächlich bis zum Ende gelesen. Dabei stand doch schon ziemlich früh, gleich im zweiten Absatz, fest, dass dies ein Text von allgemeiner Bedeutungslosigkeit ist. Echte Relevanz, gar eine dramatische Wendung, wird es auch in diesem allerletzten Satz nicht mehr geben.