Klaus Ender hatte in den vergangenen Tagen viel zu tun. Die Werbung für sein neuestes Buch musste unter die Journalisten gebracht werden. Seine verschiedensten Internetseiten waren auf den neuesten Stand zu bringen. Nebenbei läuft der Verkauf seiner aktuellen Kalender – acht bis zehn pro Jahr – sowie verschiedener Bücher: Gedichte und Aphorismen, Landschaften und vor allem Akte – alles herausgebracht im eigenen Art Photo Verlag. Kaum zu glauben, welche Energie der Mann verbreitet, der heute ein rundes Geburtstagsjubiläum feiert. Der Fotograf aus Bergen auf der Insel Rügen wird Mittwoch 75 Jahre alt.
„Woher ich die Motivation nehme?“ Klaus Ender lacht. „Ich bin Widder, das Sternbild steht für Energie, Durchsetzungsvermögen, Optimismus!“ Jetzt, wo sein neuestes Buch pünktlich zum Geburtstag herauskommt, ist er gespannt, wie der Band bei den Lesern ankommt. Er erzählt 25 Anekdoten und Begebenheiten, die sich um 50 seiner Aktfotografien drehen. Neben der Geschichte „Vom Radar erfasst ...“ (siehe oben) finden sich unter anderem auch die Geschichte über die Fotoshootings mit einer Tänzerin des Friedrichstadtpalastes oder Christel Schulze.
Christel Schulze? Älteren Lesern wird der Name möglicherweise etwas sagen. Die 1936 geborene Sängerin gehörte zur Creme de la Creme des ostdeutschen Schlagers und Chansons. Auch sie hatte Klaus Ender vor der Kamera, so wie Gott die junge Frau erschaffen hatte.
Mitbegründer von „Akt & Landschaft“
Anfang der 60er Jahre verbrachte der gelernte Bäcker und Fotoamateur seinen ersten Sommer auf Rügen. Die Insel, die Ostsee und vor allem eben auch die Frauen ließen ihn nie wieder richtig los. Er sprach die jungen Frauen einfach an, viele ließen sich von ihm fotografieren. Seine Nacktaufnahmen zeigen bis heute seinen Anspruch: Es ging Enders immer um die natürlich, ungezwungene Schönheit des weiblichen Körpers – nie um die geschmacklose Zurschaustellung der Frauen. In dem Gedicht „Der Akt“ formulierte der Lichtbildner sein Credo: „Der Akt ist eine Symphonie/ der Schönheit und der Sinne,/ er stimuliert die Phantasie,/ man hält mit Andacht inne.“
1964 gründete Klaus Ender den Fotoclub Sassnitz, arbeitet auch als Reporter für die Ostseezeitung und bekam 1966 die Zulassung als Bildreporter. Nachdem das „Magazin“, eine in der DDR gleichermaßen begehrte wie knappe Zeitschrift, seine ersten Aktfotos veröffentlichte, begann eine rasante Fotografenkarriere. „Magazin“ und „Eulenspiegel“ druckten fortan regelmäßig seine Fotos. Gemeinsam mit Gerd Rattei initiierte er 1975 die erste große Aktausstellung der DDR, „Akt & Landschaft“, damit sorgte er auch für den künstlerischen Durchbruch der Aktfotografie in der DDR. Die Resonanz auf die Exposition war überwältigend: Mehr als 100 000 Menschen strömten in die Ausstellung, die in mehreren Städten zu sehen war.
Für solch ein Leben interessierte sich natürlich auch die Stasi, wovon dicke Akten zeugen. 1981 siedelte Klaus Ender nach Österreich über, erst 1996 kehrte er zurück auf „seine Insel Rügen“. Zeit für eine große Geburtstagsfeier hat er nicht. Er sei in einer Zeit geboren, als Not herrschte und keine Geburtstage gefeiert wurden. „Ich trinke mit meiner Frau wie gewohnt am Nachmittag Kaffee“, sagt Klaus Ender.
Klaus Ender: Frei Körper Kolumnen. 25 Anekdoten aus 50 Jahren Aktfotografien. Bergen: Art Photo Verlag. 80 Seiten, 50 Schwarz-Weiß-Bilder, 12,50 Euro. ISBN 978-3-00-044668-9