Ob Gärten oder Baudenkmäler, Künstlerateliers oder Gutshäuser: Jene Gelegenheiten, an denen sehenswerte Orte bei „Tagen der offenen Türen“ zu erkunden sind, werden immer beliebter. Zum Saisonstart im März lassen die Keramiker ihre Brennöfen auf Hochtouren laufen und kehren mit dem Tag der offenen Töpferei den Winter aus. Rund 90 Werkstätten im ganzen Land beteiligen sich diesmal an dem Ausflugsangebot, gut zwei Dutzend davon auch im Nordkurier-Einzugsgebiet.
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Eine davon ist direkt an der mecklenburgisch-brandenburgischen Grenze zu Hause: In Fürstenwerder hat Annett Schröder vor bald 15 Jahren ihre Hof-Werkstatt eingerichtet. In einer ehemaligen Schmiede und mit der Feldberger Seenlandschaft vor der Tür, ist dies ein schöner Ort zum Arbeiten wie zum Leben, sagt die Keramikerin. Und die richtige Gegend, um sich beim bundesweiten Tag der offenen Töpferei für die mecklenburg-vorpommersche Teilnehmerübersicht anzumelden.
Besucher können sich selbst ausprobieren
Taubenblaues, schlichtes Gebrauchsgeschirr macht eine Stilrichtung ihres Schaffens aus; die andere ist Raku-Keramik, deren spezielle Brenntechnik der Glasur einen jeweils einzigartigen Charakter gibt. Besucher können Teebecher-Rohlinge erwerben, bemalen und glasieren und dann beim Brand dabei sein, bietet Annett Schröder an.
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Schon viele Jahre ist sie regelmäßig bei diesem Format dabei. Die Veranstaltung habe sich gut entwickelt, stellt sie fest: Neben der Stammkundschaft mache sich auch Publikum von weiter her auf den Weg, um Kunsthandwerk aus erster Hand zu erleben. Ein Vorgeschmack auf die Tourismussaison, wenn viele Urlauber die Feldberger Seenlandschaft bevölkern und dabei auch Fürstenwerder entdecken: einen Ort, der mit Bäcker, Fleischer und Buchhandlung, einem Laden mit Poststelle sowie Holz- und Malateliers ein außergewöhnlich gutes Umfeld aufweist.
Von Keramik-Leidenschaft immer wieder eingefangen
„Hier passt Keramik wunderbar hin“, befand auch Uwe Lawall, als er Mecklenburg und speziell das zu Penzlin gehörende Dörfchen Zahren für sich entdeckte: etwas abseits der Hauptverkehrswege, aber doch zentral zwischen Waren, Neustrelitz, Neubrandenburg und nahe der Schliemann-Gemeinde Ankershagen. „Hier kann ich mich als Keramiker gut entfalten, Ideen verwirklichen, mich ausdrücken in Farbe und Material“, sagt der 68-Jährige.
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So entsteht hier seine Under-Ton-Keramik, zu der Gebrauchsgeschirr ebenso gehört wie pfiffige Figuren mit humorvollem, na eben, Unterton. Alltagsbeobachtungen liefern Inspiration: „Die müssen mir über den Weg laufen“, sagt Lawall, dessen Leidenschaft für die Keramik schon mehr als 40 Jahre anhält. „Mit Unterbrechungen zwar“, verrät der Mann, der ursprünglich Erzieher war und zwischenzeitlich auch mal als Buchhändler in einem Antiquariat gearbeitet hat, „aber sie hat mich immer wieder eingefangen.“ Nachdem er sich schon über Jahre an der Pfingstaktion Kunst:offen beteiligte, lässt er sich nun erstmals auch beim Tag der offenen Töpferei in die Werkstatt schauen.
Huldigung an Historie und Lust auf Neues
Regelmäßig dabei wiederum ist Kathrin Nielsen, deren Markenzeichen „Speicherkeramik“ im Ueckermünder Kulturspeicher zu Hause ist. In zarten Weiß-Blau, -Türkis, -Seegrün entsteht dort eine Produktlinie, die der Stettiner Ware huldigt: dem Charakter einer Töpferware, die seit dem 18. Jahrhundert in ganz Pommern verbreitet war und heute in historischer Fundstücken wieder ans Licht kommt. Auch in Ueckermünde: „Als wir an unserem Haus bauten, haben wir ebenfalls solche Scherben gefunden“, erzählt Kathrin Nielsen, die dem historischen Stil mit Linien-, Wellen-, Punktmustern oder Figuren ihre Reverenz erweist.
Ein zweites Charakteristikum aus ihrer Werkstatt sind Glasuren in Chilirot, an denen sie lange getüftelt hat, „bis es so wurde, wie ich’s will“; ein drittes erarbeitet sie sich gerade mit der Engobenmalerei, bei der Muster mit einer dünnflüssigen Tonmineralmasse aufgetragen werden. Mit vorgearbeiteten Tassen und Krügen können Besucher das am Wochenende selbst ausprobieren, verheißt die Nachfahrin von Porzellanmalern, die ursprünglich Werkstoffkunde studierte, der Liebe wegen nach Vorpommern kam und mit der Werkstatt im Speicher ihrer Keramik-Leidenschaft ein Zuhause gab. Wissend, dass sie darauf nicht ihren Lebensunterhalt aufbauen kann – so arbeitet sie noch an einem anderen kulturvollen Ort, in der weit über Ueckermünde hinaus bekannten Friedrich-Wagner-Buchhandlung.
Bald sollen auch ihre corona-bedingt „aus dem Takt geratenen“ Keramik-Kurse wieder beginnen: „Da entsteht immer eine besondere Energie, die mir in diesen Zeiten sehr gefehlt hat“, bekennt Kathrin Nielsen. Und freut sich erst einmal auf den Winter-Kehraus mit dem Tag der offenen Töpferei.