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Filmkritik

„Sisi & Ich“: Historienfilm mit Regenbogen–Anstrich

Wien/Korfu/Genf / Lesedauer: 2 min

In „Sisi & Ich“ nach einem Drehbuch von Frauke Finsterwalder und Christian Kracht ist Elisabeth von Österreich eine Kaiserin in queerem Kreis — charismatisch und rastlos.
Veröffentlicht:29.03.2023, 12:10

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In den Kinofilmen der 50er war Romy Schneider als „Sissi“ das hübsche bayerische Mädel, das dem österreichischen Kaiser den Kopf verdreht und mit der Schwiegermutter hadert. Die aktuelle Kaiserin–Elisabeth–Welle brachte seit 2021 die RTL–Serie „Sisi“ mit Dominique Devenport, Marie Kreutzers Kinofilm „Corsage“ mit Vicky Krieps und die Netflix–Serie „Die Kaiserin“ mit Devrim Lingnau in der Hauptrolle hervor. Nun kommt ein Kinofilm, in dem die bald 50–jährige Susanne Wolff die Kaiserin in reiferen Jahren spielt.

Der Film „Sisi & Ich“ ist das neue Werk von Frauke Finsterwalder, die 2013 den überdrehten Ensemblefilm „Finsterworld“ mit Ronald Zehrfeld, Michael Maertens, Margit Carstensen, Bernhard Schütz und Corinna Harfouch herausbrachte. Darin wurden deutsche Befindlichkeiten seziert — zwischen Fußpflege und einem völlig aus dem Ruder laufenden Schulausflug in eine KZ–Gedenkstätte.

Die Geschichte wird queer

„Sisi & Ich“ ist ebenfalls eine Gesellschaftssatire — und garantiert kein normaler Historienfilm. Die Kaiserin will hier fernab von Wien und ihrem Mann, Kaiser Franz Joseph, selbstbestimmt glücklich sein. Höchstens der schwule Kaiserbruder „Luziwuzi“ (Ludwig Viktor, exzentrisch dargestellt von Georg Friedrich) bekommt hier Zutritt.

Als neue Hofdame Irma verliebt sich Sandra Hüller («Toni Erdmann»), die schon in „Finsterworld“ eine tragende Rolle hatte, in einer Art queeren Adelskommune am Mittelmeer (die echte Sisi war gern auf Korfu, gedreht wurde hier auf Malta) in die freiheitsliebende Kaiserin. Sisi hasst Langeweile, Musik, Kirchen, Menschen und will keine Dicken um sich haben. Die Kleider am Hofe daheim hält sie für Firlefanz und trägt lieber Simpleres aus Japan.

Weisheiten wie „Schämen tut sich nur die Bourgeoisie“ oder „Gehen Sie nicht auf Schmeicheleien ein“ erschaffen die Aura einer scheinbar Unverletzlichen. Bekanntlich fiel die echte Sisi aber vor bald 125 Jahren (10. September 1898) in Genf einem Attentäter zum Opfer.

Das Drehbuch samt Todesszene verfasste Finsterwalder erneut zusammen mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Christian Kracht («1979“, „Faserland“, „Eurotrash»). Zum Soundtrack von Nico, Portishead und Le Tigre entführt der Film in eine von Frauen dominierte Welt.

Ein Film, in dem Angela Winkler mitspielt, kann nicht schlecht sein. Hier tritt sie als Sisis Mutter Ludovika in Erscheinung, die zu Besuch bei ihrer essgestörten Tochter auf Gulasch besteht.