StartseiteRegionalInsel Rügen▶ „Schwarzes Monster“ mäht Rügens Felder in Rekordzeit

Weltneuheit von Fendt

▶ „Schwarzes Monster“ mäht Rügens Felder in Rekordzeit

Garz / Lesedauer: 4 min

Auf der Insel Rügen heißt der „Ideal 10 T“ von Fendt das „Schwarze Monster“. Den Hightech-Mähdrescher ohne Lenkrad soll neue Technik vor Erntebränden schützen. Bald ist er in der Seenplatte zu sehen.
Veröffentlicht:14.08.2020, 10:15

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Mit sieben Stundenkilometern bahnt sich das „Schwarze Monster“ seine Bahn durch den Weizenschlag südlich von Garz auf der Insel Rügen. Ungewöhnlich viel für eine Vollerntemaschine, aber der 790 PS starke Mähdrescher ist auf Geschwindigkeit getrimmt. Ein aufgescheuchter Rehbock flieht in einer staubtrockenen Wolke in eine nahegelegene grüne Buschinsel.

In der klimatisierten Kabine sitzt Fahrer Holger Fink und verfolgt ganz entspannt am Touchscreen-Monitor die Arbeit des nagelneuen „Ideal 10 T“. Der 48-jährige Fahrer hat in seinem Leben schon so manchen Mähdrescher durch die Erntezeit gesteuert.

Mit Foto: Mähdrescher stürzt bei Ernte kopfüber in Tümpel.

Aber noch nie so ein Teil, sagt er. Denn anders als alle Mähdrescher vor ihm verfügt der schwarz lackierte Erntegigant nicht mehr über ein Lenkrad, sondern über einen Joystick – genauer genommen über zwei Joysticks: Den einen, um das Schneidwerk zu regeln und den anderen, um Gas zu geben, zu bremsen und nach rechts oder links auszuscheren.

Frei Sicht auf das Mähwerk

Für Fink ist die Fahrt ohne Lenkrad noch Gewöhnungssache. Er sitzt erst den zweiten Tag auf dem Bock dieses Hightech-Gerätes, dem die Rüganer wegen seines dunklen Outfits inzwischen den Namen „Schwarzes Monster“ verliehen haben. „Ein Erntekapitän braucht eigentlich ein Steuerrad“, findet Fink. Doch die Digitalisierung macht ein großes Lenkrad ersetzbar. Was zur Folge hat, dass man völlig freie Sicht auf das riesige Mähwerk und das Umfeld hat. „Feine Sache“, sagt Fink.

Dieses Video des Herstellers zeigt den Mähdrescher im Einsatz:

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Seit einigen Tagen ist die Neuheit der bayrischen Firma Fendt auf der Insel Rügen im Einsatz. Jeder Tag sei eine Art Werbung, sagt Daniel Wolf, Fendt-Werkbeauftragter für Mecklenburg-Vorpommern. Heute testet die Baltic Agrar GmbH in Maltzien das Gerät. Zusammen mit seinem um 150 PS schwächeren Vorgänger, dem „Ideal 9 T“, und drei weiteren Mähdreschern wird an diesem Nachmittag ein 75-Hektar-Schlag geerntet. Eine Größe, die der 10 T allein in gut zehn Stunden bewältigen und dabei 1.000 Tonnen Getreide vom Halm bürsten könnte, sagt Landwirt Volkmar Brandt.

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700.000 Euro für den „Ideal 10 T“ von Fendt

Auch Peter Carstens von der Klaus Störtebeker Landwirtschaftsgesellschaft in Patzig ist von der Weltneuheit des Marktführers Fendt positiv überrascht. Das Gerät habe selbst auf Hanglagen gezeigt, was in ihm stecke, sagt er. „Das Schneidwerk ist super!“ Ob aber seine Firma ihn eines Tages kaufen würde, wisse er noch nicht. Denn immerhin würde das „Schwarze Monster“ mit einem Anschaffungspreis von rund 700.000 Euro zu Buche schlagen, das Schneidwerk noch nicht mitgerechnet.

Laut Wolf würde sich das Gerät vor allem für Betriebe mit sehr großen Wirtschaftsflächen rentieren. Der 24 Tonnen schwere, mit satellitengestützter Steuerung ausgerüstete und auch automatisch fahrende Mähdrescher arbeite mit einem sage und schreibe 12,20 Meter breitem Schneidwerk des 140 Jahre alten deutschen Familienunternehmens Geringhoff. Sein Korntank fasse bis zu 17.100 Liter Getreide – so viel, wie er in 15 Minuten ernten könne.

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Neue Technik soll Brände verhindern

Auch in Sachen Sicherheit soll der Riese seinen Vorgängern gegenüber im Vorteil sein. Denn gerade in Zeiten des Klimawandels droht bei enorm hohen Sommertemperaturen so manche herkömmliche Maschine durch den 150 Grad heißen Motor, Funkenschlag und Staubbelastung schnell in Flammen aufzugehen. Deshalb wurde der „Ideal 10 T“ mit einem Speziallüfter ausgestattet, dessen Flügel sich alle zehn Minuten in eine andere Richtung stellen, damit die Staubpartikel nach außen geblasen werden und es zu keiner Entzündung kommt.

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Gerade mal fünf Exemplare hat Fendt bislang hergestellt. Zwei davon seien derzeit in Europa im Einsatz, ein weiterer Mähdrescher dresche in diesen Tagen Mais in Brasilien, sagt Wolf. Und je eine Maschine werde in Nordamerika und in Australien getestet.

Am Freitag hat Fink seinen Schlag abgeerntet. Viel Zeit bleibt dem „Schwarzen Monster“ nicht. Kurz nach Sonnenuntergang rangierten die Fendt-Experten den Riesen auf die Glewitzer Fähre, um zum Festland überzusetzen. Schon einen Tag später soll er bei Gützkow zum Einsatz kommen. Die nächste Bewährungsprobe wartet dann bei Datzetal im Osten der mecklenburgischen Seenplatte auf ihn.

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