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AWO-Skandal

Auf den 100. Geburtstag der Awo fallen lange Schatten

Berlin / Lesedauer: 3 min

Erst der Festakt, dann die Jubiläumsparty: Zum 100. Geburtstag hat es die Awo gestern in Berlin mächtig krachen lassen. Natürlich nur in geschlossener Gesellschaft und mit geladenen Gästen.
Veröffentlicht:14.12.2019, 08:35

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Selbstverständlich ist es Zufall, dass ausgerechnet der 100. Geburtstag der Awo in Deutschland auf einen Freitag, den 13., gefallen ist. Das Datum hat aber schon eine gewisse Symbolkraft, denn mit einem Freitag, der ausgerechnet auf einen 13. fällt, verbinden so manche Bürger zumindest ein wenig Unbehagen, vielleicht sogar Unglück. Nicht wenige der rund 320.000 Mitglieder der Wohlfahrtsorganisation fühlen sich derzeit auch unbehaglich und unglücklich, wenn sie an „ihre“ Awo denken.

Und wenn die Gründerin der Awo, Marie Juchacz, am 13. Dezember 1919 von Werten wie Menschenwürde, Gerechtigkeit, Gleichheit und Solidarität gesprochen hat, wäre sie wohl entsetzt gewesen, wenn sie gewusst hätte, wie sehr Awo-Funktionäre 100 Jahre später diese Werte mit Füßen treten. Ob bei der Awo in Neubrandenburg, Waren/Müritz oder in Frankfurt/Main – überall ermitteln Staatsanwaltschaften wegen des Verdachts von Untreue beziehungsweise Betrug. Die Arbeiterwohlfahrt macht Schlagzeilen wegen Luxusautos, Luxushotels und Luxusgehältern – erste Führungsköpfe rollten bereits, ein Ende der Selbstbedienungsmentalität ist derzeit nicht absehbar. Zuletzt reihte sich auch die Awo in Rostock mit dubiosen Beraterverträgen und einem umstrittenen Demokratieverständnis in die Negativschlagzeilen ein. Ganz zu schweigen von der Awo in Schwerin, die mit der Betreibung einer Kita auf der Urlauberinsel Mallorca bundesweit Kopfschütteln verursachte.

Doch von all dem will Wolfgang Stadler nichts wissen. In seiner auf der Homepage der Bundes-Awo veröffentlichten Pressemitteilung zum 100.  Geburtstag verliert der Awo-Bundesvorsitzende kein Wort über die aktuellen Vorfälle in seinem Verband. Stattdessen spricht Stadler davon, dass es ihn stolz mache, dass die Awo mit ihrem Wirken viel zur Kontinuität des modernen Sozialstaats beigetragen habe.

Ohne Namen und Ort zu nennen, streiften Awo-Präsidiums-Chef Wilhelm Schmidt und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Festredner die von der Awo ausgelösten Negativschlagzeilen nur ganz kurz. Wer die Werte der Awo nicht lebe und einhalte, habe unter dem Dach der Awo nichts suchen, meinten Schmidt und Steinmeier übereinstimmend.

Im weiteren Verlauf des Festaktes kritisierte die Awo eine „seit Jahren unverändert wachsende Kluft zwischen Arm und Reich“. Armut sei auch im Jahr 2019 ein Problem. „Es kann dabei nicht nur darum gehen, dass niemand hungert: Chancengleichheit und Teilhabe für alle Menschen sind nicht hergestellt, wenn jemand genug zu essen auf dem Tisch hat“, sagte Wolfgang Stadler. Bundespräsident Steinmeier dankte Mitarbeitern und Ehrenamtlern der Awo dafür, den „Zusammenhalt in unserer Gesellschaft“ zu stärken. Hören Sie nicht auf, sich als Anwältin der Schwachen in die politischen Debatten einzumischen. Kämpfen Sie für die, die nicht für sich selbst kämpfen können“.