StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernAwo Rostock feuert unbequeme Abteilungsleiterin

Entlassungswelle

Awo Rostock feuert unbequeme Abteilungsleiterin

Schwerin / Lesedauer: 2 min

In der Awo Rostock brodelt es: Mitarbeiter erheben seit Wochen schwere Vorwürfe gegen Vorstand und Geschäftsführung – die Führung des Verbandes schlug jetzt hart zurück.
Veröffentlicht:27.01.2020, 16:10

Artikel teilen:

Ex-Awo-Manager Peter Olijnyk sprach im Zeugenstand des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses von einem „Systemfehler”, der jetzt auch die Awo Rostock in Misskredit gebracht hat. Konkret: Ehrenamtliche Vorstandsmitglieder nutzen ihren Posten in der Awo über viele Jahre aus, um mit ihren privaten Unternehmen lukrative Beraterverträge mit der Wohlfahrtsorganisation abzuschließen. Bei der Awo Müritz waren es beispielsweise Apotheker und Ingenieure, die von diesem Konstrukt profitierten, bei der Awo Rostock kamen unter anderem ein Anwalt und Projektleiter von Planungsbüros in den Genuss von Aufträgen durch die Awo.

„Awo-Leitsätze werden mit Füßen getreten”

Hinzu kommen enge personelle Verstrickungen zwischen SPD-Politikern und Awo-Funktionären – das Motto: Eine Hand wäscht die andere. Doch auch umstrittene Vorstandswahlen in der Awo Rostock verursachten Unmut in der Belegschaft. Etliche Mitarbeiter aus der Leitungsebene waren in den vergangenen Wochen bemüht, Neuwahlen zum Vorstand zu organisieren.

Dieser Versuch eines Neustarts hat am Montagmorgen allerdings einen herben Dämpfer erhalten. Nach Informationen des Nordkurier wurde die ranghöchste und in der breiten Belegschaft geschätzte Abteilungsleiterin für den wirtschaftlich überlebenswichtigen Pflegebereich fristlos gekündigt. „Uns allen sitzt die Angst im Nacken. Wer kritisiert, wird rasiert”, sagte eine langjährige Mitarbeiterin, die aus Angst vor weiteren Repressalien von Geschäftsführung und Vorstand lieber anonym bleiben möchte. Die Leitsätze der Awo – Menschlichkeit, Gemeinnützigkeit, Solidaität – würden derzeit in der 650 Mitarbeiter umfassenden Awo Rostock mit Füßen getreten.

Awo-Geschäftsführer wird als „SPD-Dill-Gurke” bezeichnet

Der erst im Dezember installierte neue Geschäftsführer Matthias Siems – von Mitarbeitern als „nächste SPD-Dill-Gurke” bezeichnet – hielt sich hinsichtlich der Entlassung bedeckt: „Notwendige Personalmaßnahmen werden aus naheliegenden Gründen, auch aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes, von der Geschäftsführung nicht kommentiert”, sagte Siems auf Nordkurier-Anfrage. Siems ist mittlerweile der dritte Geschäftsführer in den vergangenen fünf Monaten – und gilt in der Belegschaft als „Marionette des langjährigen Awo-Vorsitzenden Christian Kleiminger”, der vier Jahre für die SPD im Bundestag saß. Der Vorgänger von Siems, der Unternehmensberater Peter Reizlein, war im Dezember nach kurzer Amtszeit vor die Tür gesetzt worden. Er soll, so kolportieren Mitarbeiter, das falsche Parteibuch gehabt haben.

„Das Regiment in unserer Awo erinnert an Stasi-Zeiten”, heißt es von Mitarbeitern. Ein heftiger Vorwurf, den Siems entschieden zurückweist: „Jedweder Bezug zu Stasi-Methoden ist völlig abwegig und beleidigt im Übrigen die Opfer.” Verbaler Konter von Awo-Mitarbeitern: „Das Kaltstellen von unbequemen Kollegen geht weiter. Die Qualitätsbeauftragte ist von Beratungsrunden mit der Geschäftsführung ausgeschlossen worden.”