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Amri-Ausschuss

Caffier bis Ende des Jahres krankgeschrieben

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Mit einer Krankmeldung für den gesamten Dezember hat sich der Ex-Innenminister eine weihnachtliche Schonfrist verordnet. Eigentlich sollte Caffier am 10. Dezember im Bundestag aussagen.
Veröffentlicht:01.12.2020, 12:26

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Lorenz Caffier, vor zwei Wochen wegen eines umstrittenen und ominösen Waffenkaufs bei einem vermeintlich rechtsextremen Waffenhändler von seinem Amt zurückgetreten, nimmt sich selbst aus der politischen Schusslinie. Offenbar haben die Vorkommnisse der vergangenen Wochen den 65-Jährigen mächtig mitgenommen. Am Dienstagmittag meldete sich Martina Renner, Obfrau der Linksfraktion im Amri-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages, bei Twitter mit der Frage: „Ratet mal wessen Krankschreibung bis Ende des Jahres heute im Sekretariat des Breitscheidplatz-Untersuchungsausschusses eintrudelte?” Wenige Minuten später beantwortete die Linkspolitikerin die Frage mit einem weiteren Tweet. „Ich löse: Caffier”, teilte Renner mit. Weder in der CDU-Fraktion noch in der CDU-Landeszentrale wusste man offenbar zu diesem Zeitpunkt von der Krankschreibung.

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Ursprünglich war Caffier gemeinsam mit dem Chef des Verfassungsschutzes in Mecklenburg-Vorpommern, Reinhard Müller, sowie Innenstaatssekretär Thomas Lenz für den 10. Dezember vom Ausschuss als Zeuge geladen worden. In der vergangenen Woche hatte Müller einen skandalumwitterten Auftritt im Untersuchungsausschuss hingelegt und sich geweigert, in öffentlicher Sitzung Fragen zu beantworten.

Hinweis auf Anis Amri im MV-Verfassungsschutz verschlafen

Im Fokus: Die offensichtliche Schlafmützigkeit beim MV-Verfassungsschutz bei der Weitergabe von Hinweisen zum Attentäter Anis Amri. Ein Hinweis war von einem Informanten des Verfassungsschutzes von MV für die Islamisten-Szene gekommen. Der hatte angeblich im Februar 2017 in Berlin mitgehört, dass der spätere Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri bei der Vorbereitung des Anschlags und seiner anschließenden Flucht Unterstützung von einer Berliner Familie mit arabischen Wurzeln erhalten haben soll, die im kriminellen Milieu unterwegs ist. Der Mitarbeiter stieß bei seinem direkten Vorgesetzten aber wohl auf taube Ohren. Jedenfalls wurde der Hinweis nach bisherigen Erkenntnissen damals nicht an die Ermittler weitergegeben, die mit dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz befasst waren.

„Blamage für MV im Bundestag”

„Müller hat zulässige Fragen der Mitglieder des Ausschusses rechtswidrig verweigert“, sagte Martina Renner. Ihr Kollege von der FDP, Benjamin Strasser, betonte: „Das ist ein Stück aus dem Tollhaus und zeigt, wie führungslos das Innenministerium in MV ist.“ Müller warf er vor, „mit einer bodenlosen Frechheit Unwahrheiten“ zu verbreiten. Peter Ritter von der Linksfraktion im MV-Landtag sprach von einer „Blamage für MV im Bundestag“. Der Ausschuss kündigte die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen Müller an – ein bisher einmaliger Vorgang.

Müller hatte einen Tag nach seinem Auftritt gesagt, er wolle gerne alles im Detail erklären, aber nur in einer nicht-öffentlichen Sitzung, da andernfalls eine Gefahr für zur Bekämpfung des Islamismus eingesetzte Quellen bestehe. Das MV-Innenministerium teilte mit, Staatssekretär Lenz wolle in öffentlicher Sitzung eine Aussage machen, „in der er die Abläufe und Bewertungen erläutern wird“. Dies würde nun am 10. Dezember passieren – allerdings ohne Caffier.

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