StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernCousine als Zeugin – „Rede doch mit mir“

Dreifachmord-Prozess

Cousine als Zeugin – „Rede doch mit mir“

Rostock / Lesedauer: 3 min

Die Bluttat mit drei Toten in Rövershagen hat bei der Familie der Opfer traumatische Spuren hinterlassen. Als Zeugen vor Gericht ist ihnen die Fassungslosigkeit deutlich anzumerken.
Veröffentlicht:08.12.2022, 13:05
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Im Prozess gegen einen des Mordes an seinen Eltern und seiner Schwester angeklagten 27-Jährigen hat eine Cousine des Tatverdächtigen ausgesagt. Sie beschrieb ihren Vetter, den sie auch „kleinen Bruder“ nannte, vor dem Landgericht Rostock am Donnerstag als stets schweigsam und zurückhaltend. Sie habe oft zu ihm gesagt: „Rede doch mit mir.“ Er habe dann mit einem kurzen „Ja“ oder einem Schulterzucken reagiert.

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Die 37-jährige Zeugin, die in Villingen-Schwenningen im Schwarzwald lebt und arbeitet, sagte unter Tränen aus. Auch der Angeklagte lebte zeitweise in Villingen-Schwenningen, wo er seiner Cousine bei einem Treffen erzählte, er habe dort in kurzer Zeit 12 bis 13 Mal die Stelle gewechselt. Der Vater in Rövershagen habe ihm zunächst ein großes Auto gekauft. Nach einem Unfall mit dem Fahrzeug finanzierte der Vater ihm nach Angaben der Zeugin auch einen kleineren Wagen.

Im Februar dieses Jahres habe sie dann versucht, ihre Cousine, die Schwester des Angeklagten, sowie ihren Onkel und ihre Tante in Rövershagen telefonisch zu erreichen. Sie habe es auch über WhatsApp und Instagram versucht. „Es kam keine Antwort“, sagte die Zeugin, die während der zeitweise lautstark geführten Vernehmung eine Pause brauchte.

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Mit Blick auf den etwa fünf Meter von ihr entfernt sitzenden Tatverdächtigen sagte sie: „Ich weiß nicht, warum er das getan hat.“ Der Richter erwiderte, sie könne ihn ja bei Gelegenheit fragen, oder ihm schreiben. Er mahnte die Zeugin mehrmals zur Aussagedisziplin und drohte ihr mit einer Strafe.

In den vorherigen Verhandlungstagen hatte auch die Schwester der getöteten Mutter als Zeugin ausgesagt. Auch sie beschrieb ihren Neffen als still und ruhig. Er habe nie viel gesprochen und sei in seinen Gedanken gewesen: „Als ob er ein Fremder war.“

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Die Familie war vor über 20 Jahren von Russland nach Deutschland eingewandert. In polizeilichen Vernehmungen hatte der Angeklagte die Taten eingeräumt und als Motiv „Hass auf alle“ angegeben. Vor Gericht widerrief er aber zum Prozessauftakt am 15. November über seine Anwältin sein Geständnis.

Laut Anklage soll er am 7. Februar zunächst seinen auf der Couch schlafenden und angetrunkenen Vater (52) mit einer Armbrust vier Pfeile in den Kopf geschossen haben. Da er aber nicht sofort tot war, stach er mit einer Gartenmachete mit einer 23 Zentimeter langen Klinge auf ihn ein. Der Vater verblutete.

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Noch am selben Tag lockte der 27-jährige Deutsche laut Anklage seine zwei Jahre jüngere Schwester in das elterliche Haus. Auch ihr schoss er von hinten Pfeile in den Kopf und stieß ihr die Machete in die linke Brust, wodurch laut Anklage Herz und Lunge durchstochen wurden. Einige Tage später, am 11. Februar, soll er dann seine zuvor abwesende 48 Jahre alte Mutter auf nahezu gleiche Weise umgebracht haben.

Der Mann ist des dreifachen Mordes angeklagt. Im Falle eines Schuldspruchs droht ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe. Der Prozess wird am 13. November mit dem siebten Verhandlungstag fortgesetzt.