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Darum scheitern 50 Prozent aller Abschiebungen

Boizenburg / Lesedauer: 2 min

Derzeit kommen täglich viele Migranten illegal über die deutsch-polnische Grenze. Sie stellen in der Mehrzahl einen Asylantrag. Dessen Ablehnungsquote ist erfahrungsgemäß recht hoch.
Veröffentlicht:08.10.2021, 05:36

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Die deutsch-polnische Grenze in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg als vorläufige Endstation einer Odyssee von Migranten vor allem aus dem Nahen Osten: Wer hier die Grenze illegal übertritt, kommt aktuell größtenteils aus Afghanistan, dem Irak, Syrien oder dem Jemen.

Die Grenze ist mittlerweile zum Spielball von Schleusern und Machtinstrument internationaler Politik geworden. In Deutschland angekommen, beginnt die nächste Odyssee – aufgegriffen von der Bundespolizei geht es zunächst in Erstaufnahmeeinrichtungen ins brandenburgische Eisenhüttenstadt, mecklenburgische Boizenburg oder gleich in den multikulturellen Schmelztiegel Berlin und damit auch direkt in einen Behörden-Dschungel. Während die Bundespolizei Personalien feststellt, wird der eigentliche Asylantrag, den der Großteil der Migranten stellt, vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bearbeitet.

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Asylverfahren brauchen Zeit

Laut Zielvorgabe der Bundesregierung sollte ein Asylverfahren nicht länger als drei Monate dauern – soweit die Theorie. In der Praxis liegt der Abschluss eines Verfahrens aktuell bei etwa 7 Monaten, im Jahr 2018 waren es 7,5 Monate und im Corona-Jahr 2020 gar 10 Monate.

Laut derzeitiger Statistik sind 85.000 Verfahren in Deutschland anhängig. Nach Auskunft des Online-Portals Statista wurden bisher im Jahr 2021 in Deutschland 21,6 Prozent der Asylanträge in einer Sachentscheidung abgelehnt. Zudem würden sich 40,7 Prozent der Asylanträge in einer formellen Entscheidung erledigen. Die Ablehnungsquote liegt somit bei 62,3 Prozent.

Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), finanziell gefördert und unterstützt unter anderem vom Auswärtigen Amt und dem Bamf, weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass 50 Prozent der Abschiebungen in Deutschland scheitern. Mit der Konsequenz, dass sich aktuell rund 250.000 Ausreisepflichtige in Deutschland bewegen, die ohne legale Aufenthaltsgenehmigung ausgestattet sind. Das sind doppelt so viele wie vor acht Jahren.

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Behörden- und Kompetenzchaos

Besonders die komplizierten föderalen Zuständigkeiten seien bei Abschiebungen hinderlich, sagt Victoria Rietig, die das Migrationsprogramm bei der DGAP leitet. Andere sprechen sogar von einem Behörden- und Kompetenzchaos. So würde die Bundesregierung die Leitlinien vorgeben, für die Umsetzung zuständig seien aber die Länder und dort jeweils ganz unterschiedliche Behörden. Das heißt: Wenn das Bamf einen Asylantrag negativ bescheidet und abgeschoben werden muss, ist das Sache der Länder.

Wobei das Schweriner Innenministerium den Abschiebeball schnell an die Landkreise und die dortige Ausländerbehörde weiterspielt. „Rückkehr und Abschiebung aber sind kein Schmuddelthema“, mahnt Victoria Rietig, „sondern essenzieller Teil einer funktionierenden Migrationspolitik.“

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