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Diskussion um Theaterreform

Die aufmüpfigen Gallier aus Neustrelitz

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Im zweiten Anlauf entscheidet die Stadtvertretung Neubrandenburg am Donnerstag über eine mögliche Fusion mit dem Theater in Greifswald und Stralsund. Sollte das Brodkorb-Papier angenommen werden, könnten die rebellierenden Residenzstädter plötzlich alleine dastehen.
Veröffentlicht:15.04.2015, 18:29

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Die SPD in Neubrandenburg steht jetzt offensichtlich zu ihrem Kulturminister Mathias Brodkorb. Nachdem sich die Sozialdemokraten bei der jüngsten Sitzung der Stadtvertretung bei dem Theater-Thema der Stimme enthalten hatten, scheint die Mehrheit für die Sondersitzung in Sachen Theater und Orchester GmbH Neubrandenbug/Neustrelitz (TOG) zu stehen. „Trotz Bauchschmerzen gehe ich davon aus, dass wir dem Brodkorb-Papier zustimmen“, sagte SPD-Fraktionschef Roman Oppermann am Mittwoch. Zwei Dinge sollten allerdings aufgenommen werden: Dass die Vertretungen bei den weiteren Fusionsverhandlungen mitgestalten können. Und: Dass die Planstelle des Generalmusikdirektors (GMD) „auf Dauer in Neubrandenburg installiert“ wird. Auch die CDU-Mehrheit pro Fusion steht. Angesichts der finanziellen Misere der Gesellschaft sieht Fraktionschefin Diana Kuhk keine Alternative zur Fusion. Mit der gemeinsamen Mehrheit von CDU und SPD dürfte Neubrandenburg heute den Weg zur Fusion frei machen.

Zuvor hatten bereits der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte sowie Stralsund und Greifswald dem Brodkorb-Papier zugestimmt. Aber auch die beiden Hansestädte beharren auf etlichen Zusatzforderungen, darunter zwei, die insbesondere in Neustrelitz für Bauchschmerzen sorgen dürften: Die Zahl der Aufführungen sowie der Mitarbeiter an den verschiedenen Standorten sollte den finanziellen Leistungen der einzelnen Gesellschafter entsprechen. Und: „Der Sitz der Zentralwerkstätten muss unter geografischen Bedingungen sowie der Zweck- und Machbarkeit festgelegt werden.“ Das Eckpunkte-Papier hatte demgegenüber die Ansiedlung der zentralen Werkstatt in Neustrelitz gefordert.

Neustrelitzer liebäugeln mit eigenem Theater

Auch die Forderung beider Hansestädte, das künstlerische Angebot der Höhe der finanziellen Zuschüsse anzupassen, dürfte am Standort Neustrelitz als Kampfansage verstanden werden. Denn schon in der TOG ist die Residenzstadt mit zehn Prozent Anteilen der kleinste Gesellschafter neben Neubrandenburg (50 Prozent) und dem Landkreis (40). Im Staatstheater Nordost würde der Gesellschafter- und damit auch der Finanzierungsanteil noch einmal sinken. Zum Vergleich: Neustrelitz zahlt derzeit knapp 400  000 Euro fürs Theater, Greifswald und Stralsund jeweils zehnmal so viel.

Die Neustrelitzer sehen sich deshalb als „Krümchen Staub“ im künftigen Staatstheater Nordost, wiederholte Stadtpräsident Christoph Poland eine Metapher von Stadtvertreter Ernst August von der Wense (beide CDU). Die Neustrelitzer Stadtvertretung hatte jüngst sowohl das Fusionsmodell auch das Solidarmodell abgelehnt. Letzteres Modell, mit dem die Eigenständigkeit der TOG und die Musiktheatersparte bewahrt werden sollen, sei zu „Philharmonie-lastig“, sagte Poland. Wie es weitergehen soll, könne er derzeit nicht sagen. „Es gibt bei uns noch viel Beratungsbedarf.“

Indes gibt es Überlegungen in Neustrelitz, einen Theater-Alleingang zu wagen – ohne Greifswald, Stralsund und Neubrandenburg. „Ein eigenständiger Weg ist nicht ausgeschlossen. Klein und eigenbestimmt ist vielleicht der bessere Weg für uns“, sagte ein Stadtvertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. Das Brodkorb-Papier lässt diese Möglichkeit offen. Dann würde das Land seinen Finanzierungsbeitrag „auf ein Mindestmaß reduzieren“, heißt es im Eckpunkte-Papier. Landrat Heiko Kärger (CDU) warnt vor einem Alleingang.