StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernDigitale Sitzungen für MV-Landtag noch keine Option

Tagen in Krisenzeiten

Digitale Sitzungen für MV-Landtag noch keine Option

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Wie krisenfest ist die Arbeit des Landtags in Notlagen? Kann das Parlament auch digital wichtige Entscheidungen treffen? Mit diesen Fragen tun sich die Volksvertreter in MV noch schwer.
Veröffentlicht:06.07.2020, 07:53

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Der Nachbar ist schon einmal mächtig vorgeprescht. Das Bundesland Brandenburg und dessen Parlamentarischer Beratungsdienst haben ein Gutachten erstellt, in dem das digitale Parlament für Notlagen durchgespielt wird. Tenor: „Eine digital im Wege einer Video-Konferenz durchgeführte Plenarsitzung widerspricht nicht dem Grundsatz der Öffentlichkeit“, heißt es dort. Und weiter: „Verfassungsrechtliche Voraussetzung ist jedoch, dass alle Abgeordneten und weitere Beteiligte, insbesondere die Vertreter der Landesregierung, einen technisch stabilen Internetzugang zu der Sitzung haben und über diesen – wenn auch mit gewissen Abstrichen – an den Möglichkeiten der kommunikativen Interaktion teilnehmen können.“

Brandenburger Gedankenspiele, die in der Landtagsverwaltung in Mecklenburg-Vorpommern noch überhaupt nicht angekommen sind. „Uns sind aktuell keine Überlegungen bekannt, die darauf zielen, Sitzungen des Landtages MV digital stattfinden zu lassen“, heißt es aus der Pressestelle im Schweriner Schloss.

In Krisenzeiten soll es wenigstens kleiner sein

Jochen Schulte, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Regierungsfraktion, ist da schon einen Tick aufgeschlossener: „Nach unserer Auffassung sollten Präsenzsitzungen grundsätzlich die Regel im parlamentarischen Betrieb sein und bleiben. Gleichwohl befürworten wir eine Prüfung, inwieweit in Ausnahmefällen die notwendigen parlamentarischen Aktivitäten digitalisiert werden können.”

Skepsis klingt aus den Worten von Schultes Pendant beim Koalitionspartner CDU: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass digital eine lebendige Plenardebatte machbar ist. Wir brauchen in MV eher eine verbindliche, rechtliche Regelung darüber, dass das Parlament in Krisenzeiten in verkleinerter Form tagen kann“, sagt Wolfgang Waldmüller – und schießt in dem Zusammenhang verbal gegen die oppositionelle AfD: „Zwar hat der Landtag seit April immer nur mit der Hälfte der Abgeordneten getagt. Das war in der Praxis aber schwer zu handhaben, weil die AfD nicht dazu bereit war, mit den anderen Fraktionen hierüber eine bindende Übereinkunft zu treffen.“

Und die angegriffene AfD? „Wir lehnen eine digitale Sitzung ab. So etwas kann nicht eine lebhafte Plenardebatte ersetzen und in erster Linie wäre dann die Öffentlichkeit außen vor“, argumentiert AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer.

Linke wollen Barrieren abbauen

Differenzierter äußert sich die Linkspartei. „Derzeit gibt es zwar keine Überlegungen, die Landtagssitzungen digital durchzuführen. Ich persönlich befürworte aber alle Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit des Parlaments insbesondere auch in Krisenzeiten. Dazu können auch digitale Beratungen gehören“, sagt Peter Ritter, parlamentarischer Geschäftsführer der Linken. Gleichzeitig bringt Ritter weitere Ideen ins Spiel: „Aber auch eine bessere Barrierefreiheit wie Gebärdendolmetschen oder öffentliche Ausschusssitzungen gehören für mich zu einem modernen Parlamentarismus.“

Wie ernst es den Linken damit ist, macht Ritter deutlich: „Nach der Sommerpause werden wir hierzu Gespräche mit der Koalition aufnehmen.“