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Hohe Energiepreise

Energieversorger schocken Kunden mit Lieferstopp

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Eine Welle von Pleiten und Geschäftsaufgaben von Strom- und Gaslieferanten sorgt bei Verbrauchern für Wirbel. Für die Betroffenen wird es vor allem teuer.
Veröffentlicht:25.12.2021, 08:38

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Der Höhenflug der Strom- und Gaspreise kommt nicht mehr nur über kräftig steigende Tarife bei den Verbrauchern an. Nach Angaben der Bundesnetzagentur haben in diesem Jahr bisher knapp 40 Energieanbieter ihren Kunden ein Ende der Belieferung angezeigt.

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Unmittelbar vor den Feiertagen hatte eine Mitteilung des Billiganbieters Stromio hunderttausende Kunden kalt erwischt: Das Unternehmen stellte über Nacht die Belieferung seiner Abnehmer ein. Stromio sicherte zu, geleistete Abschlagszahlungen und ausstehende Neukundenboni auszahlen zu wollen.

Diskussion um Nordstream 2 führt zu hohen Gaspreisen

Stromio mit der angeschlossenen Marke Grünwelt Energie ist das bisher größte Opfer „der historisch einmaligen Preisentwicklung im Strommarkt”, wie das Unternehmen seinen Ausstieg begründete. Kurz zuvor hatte die Neckermann Strom AG Insolvenz angemeldet und die höheren Gaspreise infolge der Diskussion um Nord Stream 2 als eine Ursache angeführt. Gas hat in Deutschland einen hohen Anteil an der Stromversorgung.

In den vergangenen Wochen hatten sich die Preise an den Strombörsen im Vergleich zum Vorjahr beinahe Verfünffacht. Damit steht das Geschäftsmodell von Energiediscountern auf der Kippe, die sich nicht mehr wie in der Vergangenheit kurzfristig mit Schnäppchen an der Börse eindecken konnten. Kalt erwischt hatte es jüngst auch knapp 370 Haushalte der Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft: Wegen des Lieferstopps eines Gasversorgers kündigte ihnen ihr Vermieter den Anstieg der Heizkosten von 150 Prozent an.

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„Das Desaster von Anbietern, die mit riskanten Beschaffungsstrategien schnelle Rendite machen wollten, geht voll zulasten der Kunden”, sagte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer der Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), der die Stadtwerke vertritt. Er forderte im Interesse der Kunden eine effizientere Aufsicht der Bundesnetzagentur über unseriöse Anbieter.

Hohe Tarife für Neukunden

Mit Blick auf die wachsende Zahl von Pleiten oder Unterbrechungen von Energielieferungen hatten zuletzt viele Stadtwerke in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg für Neukunden deutlich höhere Tarife in der Grundversorgung angekündigt, um eigene langjährige Kunden möglichst zu schonen.

So hatten die Stadtwerke Pasewalk ihre Grundversorgungstarife bei Gas um knapp 100 Prozent erhöht, der in ländlichen Regionen zuständige Versorger Eon um mehr als ein Fünftel. In diese gesetzlich garantierte Notbelieferung durch örtliche Unternehmen rutschen Kunden, denen bisherige Anbieter aufgegeben hatten.

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In diesem Zusammenhang empfehlen die Verbraucherzentralen, sich nach Lieferbeginn durch den zuständigen Grundversorger nach günstigeren Tarifen umzuschauen. Das gestalte sich derzeit jedoch schwierig: Oft seien die Grundversorger trotz ihrer höheren Preise am günstigsten. Die Ersatzversorgung bei Ausstieg des Vor-Anbieters sichere die Versorgung vorübergehend für drei Monate, danach folge auch regulär die Grundversorgung. Die Kündigungsfrist liege hier jedoch bei lediglich zwei Wochen.