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Nur die Post kommt noch

Herrenloses Haus gibt viele Rätsel auf

Friedland / Lesedauer: 3 min

Ein Haus, das niemandem gehört. Der Tod zweier Frauen steht damit im Zusammenhang. Auch von Nazis und einer Sekte ist die Rede. Eine unglaubliche Geschichte aus den Brohmer Bergen.
Veröffentlicht:30.08.2014, 15:18

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Wie kann so etwas gehen, in einem Land, wo alles geregelt, sortiert und genormt ist? Ein herrenloses Haus am Fuße der Brohmer Berge, einer beschaulichen Gegend, die die Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern verbindet.

Egon Oertel schüttelt den Kopf. Er hat das Nachbarhaus, dass anscheinend niemandem gehört, immer wieder im Blick und weiß, das dieses eine Menge Rätsel aufgibt.

Zwei Frauen starben

Dabei handelt es sich keineswegs um eine leer stehende Ruine. Nein, das Haus ist Ende der 1990er Jahre umfangreich saniert worden, weiß der Nachbar. Zwei Brüder aus der Region, bis sie aus beruflichen Gründen die Region verlassen mussten.

Das Haus wurde dann verkauft und „irgendwann tauchten zwei Frauen auf“, erzählt Egon Oertel. „Später stellte sich heraus, dass sie aus der Schweiz sind.“ Vorgestellt haben sie sich bei ihm nie, aber dem Nachbar ist nicht entgangen, dass das Paar dort wirtschaftete. „Irgendwann habe ich die beiden nicht mehr gesehen.“ Das sei nicht ungewöhnlich gewesen, da die Frauen nicht ständig in dem Ort gewohnt haben. Irgendwann wurde Egon Oertel misstrauisch. „Der Briefkasten lief über.“

Daraufhin hatte Oertel Kontakt mit dem Vorbesitzer aufgenommen. Der hat schließlich den Vater einer der Frauen in der Schweiz ausfindig gemacht und erfahren, dass sich die beiden – die eine um die 30, die andere um die 40 Jahre alt – in der Schweiz das Leben genommen haben. Warum, weiß wohl niemand in der Region. Ein Sohn und einen Vater habe es als potenzielle Erben gegeben, doch diese haben das Erbe ausgeschlagen, weiß Egon Oertel. „Und damit hängt die ganze Sache plötzlich in der Luft.“

Bürgermeister ratlos

Nur der Briefkasten wurde immer wieder voll. „In der Schweiz hatten die Frauen keine Adresse mehr und sämtliche Post wurde hierher umgeleitet." Ein Jahr stand das Haus unberührt leer. Nun, einige Jahre später, haben bereits die Vandalen in dem Gebäude gehaust. Die Fallrohre sind abgebaut. Das Parkett ist hinüber. „Aber noch ist etwas zu retten“, meint Egon Oertel. Mehrere Interessenten standen bereits vor seiner Tür. Nur was nützt es, wenn es keinen Verkäufer gibt?

Wem gehört das Haus? Das weiß auch Bürgermeister Wilfried Block (parteilos) nicht. „Ein Nachlassgericht müsste dies prüfen“, meint das Stadtoberhaupt. Die zuständige Stadt Friedland hat dahingehend aber bisher nichts in die Wege geleitet. Grundsteuern und auch die Kosten für Abwasser fallen an. „Wir haben niemanden, wo wir Forderungen aufmachen können.“ Im Grundbuch steht noch der Vorbesitzer. Aber der hat einen gültigen Kaufvertrag, weiß Block.

Nazis? Eine Sekte?

Vielleicht wurden die Gebühren für den Eintrag ins Grundbuch nie bezahlt, mutmaßt Egon Oertel. „Es muss doch möglicherweise eine Bank geben, die einen Kredit für den Hauskauf gewährt hat und jetzt ihre Forderungen geltend machen will." Egon Oertel weiß nicht, wo man ansetzen könnte, um das Rätsel um den Hausbesitzer zu lösen. Mysteriös für ihn: Die Schweizerinnen waren immer mit einem Landrover unterwegs, der mit einem flügelschwingenden Adler verziert war. „So, wie wir es teilweise von den Neonazis kennen.“ Steckt hier womöglich eine Sekte dahinter?

Egon Oertel hätte jedenfalls gern wieder Nachbarn.