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Kampf um mehr Landfläche

Hobbylandwirte dürfen sich nicht vergrößern

Qualzow / Lesedauer: 4 min

Mit Tieren arbeitet Familie Räder schon lange. Das Ehepaar wollte eine neue Landfläche kaufen. Doch das verhinderte das Amt.
Veröffentlicht:19.06.2015, 20:03

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Bernadett und Stefan Räder sind auf dem Land aufgewachsen. „Zu DDR-Zeiten hielten meine Eltern zehn Rinder und Zuchtsauen im landwirtschaftlichen Nebenerwerb“, erzählt der 48-jährige Stefan Räder. Damals war das üblich und musste nicht gesondert angemeldet werden. Heute besitzt das Ehepaar im kleinen Ort Qualzow in der Nähe von Mirow ein vier Hektar großes Grundstück mit Scheunen, Ställen und Weideflächen für ihre sechs Rinder, von denen pro Jahr eines geschlachtet und verkauft wird. Die Räders verdienen ihr Einkommen allerdings auch mit Heizbrennstoffen, Kiosk-Betrieb und Vermietungen.

Die beiden träumen davon, durch die Tierzucht mehr Geld zu erwirtschaften und wollten sich vergrößern: neues Land kaufen. Aber das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburgische Seenplatte (StALU) hatte das erst mal verhindert. Bernadett und Stefan Räder durften kein neues Land kaufen. Warum?

Das Amt durfte über das Land mitentscheiden

Ein ehemaliger Arbeitskollege von Stefan Räder fragte, ob der ihm ein 2,7 Hektar großes Stück Land in Qualzow abkaufen wolle. Die beiden wurden sich einige, schlossen einen Kaufvertrag ab und gingen sogar schon zum Notar. Aber: Das StALU durfte mitentscheiden, ob das Land den Besitzer wechselt. Die Räders mussten einen Fragebogen über die beabsichtigte Nutzung des Bodens wahrheitsgemäß ausfüllen. „Wir haben angekreuzt, dass wir Landwirtschaft nur als Hobby betreiben, zur Eigenversorgung“, erklärt Bernadett Räder.

Das wurde den beiden zum Verhängnis. Das StALU lehnte den Kauf ab. Die Begründung: Der hobbymäßige Betrieb der Räders sei nicht leistungsfähig. Dabei besaß das Ehepaar zu diesem Zeitpunkt schon hochwertige Rinderrassen und viele landwirtschaftliche Gerätschaften: Traktoren, Pflüge, Heuwandler.

Über den Kopf hinweg entschieden

„Das StALU fragte einen Landwirt in unserem Nachbarort – natürlich den Größten, nicht den Kleinsten“, kritisiert Stefan Räder. Die Roggentiner Hof GmbH darf die 2,7 Hektar kaufen – weil sie, so die Begründung, „dringendes Aufstockungsinteresse“ hätte. „Und das, obwohl die GmbH schon 1360 Hektar bewirtschaften.“ Stefan Räder und seine Frau ärgern sich vor allem darüber, dass über ihren Kopf - und den des Verkäufer - hinweg entschieden wird. Denn auch der Verkäufer kann sich nicht wehren. Er muss an die Roggentiner verkaufen.

Durch solche Entscheidungen erhielten Kleinbetriebe oder Hobby-Landwirte keine Chance, sich zu vergrößern oder einen Betrieb überhaupt erst aufzubauen. „Dabei wollen wir doch produzieren und nicht etwa mit dem Land spekulieren“, sagt Stefan Räder. So aber entstünden Monokulturen: Riesige Felder, die von großen Betrieben bewirtschaftet werden. In einigen Dörfern gebe es überhaupt keine Kleinbauern mehr.

Die Hobbylandwirte schalten Rechtsanwalt ein

Die Räders haben sich mit einem Rechtsanwalt besprochen und gegen die Entscheidung des StALU geklagt. Der Fall wird momentan vor Gericht behandelt. Christoph Linke, Leiter des StALU will sich deshalb nicht zum laufenden Verfahren äußern. Prinzipiell, so Linke, geht es dem StALU darum, dass eine landwirtschaftlich genutzte Fläche leistungsfähig bewirtschaftet werden soll. „In einigen Fällen wird dabei auch zu Gunsten von kleineren Landwirten, beispielsweise Nebenerwerbslandwirten entschieden.“

Eine neue Chance Land zu erwerben

Wenig später bekamen die Räders erneut die Chance, mehr Land zu kaufen: 35 Hektar. Diesmal meldeten sie ihren Hof vorher als Nebenerwerbs-Landwirtschaft an. Durch den neuen Status als Nebenerwerbslandwirt ging alles gut. Die Räders besitzen heute circa 40 Hektar Land und planen, 20 Mutterkühe zu halten, zusammen mit einem Bullen. Die Anmeldung als Nebenerwerbslandwirt bringt noch weitere Vorteile.

„Ab mindestens fünf Hektar können Nebenerwerbslandwirte Fördermittel beantragen“, sagt Constantin Marquardt vom Landwirtschaftsministerium MV. Das nehmen die Räders auch in Anspruch. Marquardt empfiehlt kleineren Landwirten, die Land kaufen wollen, sich direkt beim StALU zu erkundigen. Der Bund verkauft sein Land über eine eigene Plattform. „Häufig bekommen größere Landwirte früher mit, dass Land verkauft wird, da sie meist professioneller sind“, so Marquardt.