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Tourismusland MV?

Hotels stehen wegen Coronavirus massenhaft vor dem Aus

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Der Tourismus gehört zur DNA Mecklenburg-Vorpommerns. Sagt die Ministerpräsidentin. Doch aktuell haben offenbar Friseure einen höheren Stellenwert als Hotels und Gastronomie. Jetzt funkt eine ganze Branche SOS.
Veröffentlicht:19.04.2020, 08:57

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Sie haben in den vergangenen Tagen und Wochen gesprochen, diskutiert, debattiert, telefoniert, gemailt – pausenlos, rund um die Uhr. Schließlich geht es um nicht mehr als die nackte Existenz. Die Macher im MV-Tourismus haben versucht, den fünfwöchigen Shutdown zu nutzen, um einen möglichst reibungslosen Einstieg in die „Zeit danach“ zu gewährleisten. Das symbolische Zusammenstecken der Köpfe mündete in einem 26-seitigen Strategiepapier, das der Landestourismusverband am Ostermontag Ministerpräsidentin Manuela Schwesig übergeben hat.

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In dem Papier, das dem Nordkurier vorliegt, ist detailliert aufgelistet, wie der wichtigste Wirtschaftszweig Mecklenburg-Vorpommerns wieder stufenweise zum Leben erweckt werden könnte.

Demo in Schwerin angekündigt

Könnte. Denn die Regierungschefin lässt nach eigenen Worten „schweren Herzens“ den Tourismus bei allen in dieser Woche verkündeten Öffnungen im wirtschaftlichen und sozialen Leben außen vor. „Da sieht man mal, was wir der Politik wert sind. Sogar Friseure dürfen vor touristischen Einrichtungen wieder aufmachen“, ätzen Touristiker in Richtung Staatskanzlei.

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Und werden dort in der kommenden Woche auch persönlich auftauchen. In einem offenen Brief kündigte beispielsweise die Warener Hotelgemeinschaft an, am 23. April vor Schwesigs Büro in der Landeshauptstadt zu demonstrieren. Natürlich mit dem gebotenen Abstand.

Verluste lassen sich nicht aufholen

„Wir müssen es noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Ein Bett, das heute nicht vergeben wird, kann morgen nicht zweimal verkauft werden. Schon heute können wir diese Verluste nicht mehr aufholen“, heißt es in dem Brief an die Adresse der Ministerpräsidentin. Die Hoteliers legen den Finger in ihrem Schreiben in die Wunde: „Die meisten unserer Kollegen warten nach 21 Tagen immer noch auf die ,unbürokratische Soforthilfe‘ vom Landesförderinstitut. Jeder Antrag auf einen Förderkredit verlangt von uns einen detaillierten Liquiditätsplan – mit konkreten Zahlen, mit konkreten Einnahmen, die wir nicht kennen. Ohne eine klare Aussage, ab wann wir wieder unsere Häuser öffnen können, ohne einen genauen Termin Ihrerseits, ist uns das nicht möglich.“

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Verzweiflung macht sich im Tourismus breit – das weiß auch Bert Balke, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburgische Seenplatte. Er schreibt Schwesig ebenfalls deutliche Worte ins touristische Stammbuch: „Schleswig-Holsteins Landesregierung hat ihr dreistufiges Verfahren zum regulierten Einsetzen des Tourismus bereits gestern [A.d.Red.: gemeint ist Donnerstag] verkündet. Das ist der Maßstab für das Tourismusland Nummer 1.“ Zur Erinnerung: Kaum hatte das Nachbarland Schleswig-Holstein in der Corona-Krise im März die Inseln abgeriegelt, zog auch MV sofort hinter her.

Hilferufe existenzbedrohter Betriebe

Selbst in Schwesigs unmittelbarer heimischen Umgebung, in der Schweriner Hotellerie, brodelt es. Auch von dort kommen Hilferufe existenzbedrohter Betriebe. 26  bekannte Hotels, Pensionen und Gaststätten stehen vor dem Aus. Deshalb kann sich Henning Förster, Tourismusexperte der Linksfraktion im MV-Landtag, vorstellen, dass ein Nothilfefonds eingerichtet und eine 100-prozentige Bürgschaftsübernahme für Darlehen gewährleistet werde.

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„Das Kurzarbeitergeld und die Soforthilfen des Landes und des Bundes waren wichtige erste Schritte, können aber den dauerhaften Einkommensverlust der nächsten Monate nicht kompensieren. Das jedoch ist zumindest anteilig notwendig, um massenhafte Insolvenzen in der Branche zu vermeiden“, fordert Förster.