Noch ein paar Unterschriften

Kippt die Gerichtsreform?

Schwerin / Lesedauer: 2 min

Das gab es noch nie in Mecklenburg-Vorpommern: Erstmals steht ein Volksbegehren kurz davor, die Marke von 100 000 Unterzeichnern zu knacken. Die neuen Gerichtsstrukturen bewegen das Land.
Veröffentlicht:08.08.2014, 19:01

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Gut 96 000 Unterschriften gegen die Schweriner Schließungspläne von Gerichtsstandorten sind es schon: Die Kritiker der Gerichtsstrukturreform im Land hoffen nun, bis Ende September, Anfang Oktober die erforderlichen 120 000 Unterschriften zu erreichen, sagte der Sprecher des Richterbundes MV, Dirk Simon. Dann muss sich der Landtag erneut mit den umstrittenen Plänen befassen. „Wir hoffen auf ein Umdenken.“

Bislang hatte das aber die große Koalition aus SPD und CDU verhindert. Sollten auch die 120 000 Unterschriften nichts fruchten, bleibt den Kritikern nur noch ein Volksentscheid – wofür aber sogar 360 000 Stimmen nötig sind. Laut den Plänen der Landesregierung werden die bislang  21 Amtsgerichte auf zehn reduziert, hinzu kommen 6 Zweigstellen, beispielsweise in Anklam. Dicht gemacht werden Ueckermünde, Hagenow, Bad Doberan, Wolgast und Ribnitz-Damgarten. Das Landessozialgericht zieht von Neubrandenburg nach Neustrelitz um. Als erstes soll das Amtsgericht Anklam Anfang Oktober zur Zweigstelle degradiert werden. Viel Zeit bleibt den Gegnern also nicht mehr.

Die Koalitionsfraktionen zeigten sich unbeeindruckt

Die Koalitionsfraktionen zeigten sich am Donnerstag weitgehend unbeeindruckt. „Die Elemente der direkten Demokratie sind in der Landesverfassung verbindlich geregelt. Es ist davon auszugehen, dass sich alle Beteiligten daran halten“, lautete die ausweichende Antwort des rechtspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Andreas Texter, auf die Frage, ob man nun vielleicht umdenke. SPD-Fraktionschef Norbert Nieszery wurde deutlicher: „Ich halte nichts davon, Zwischenstände von Unterschriftensammlungen für Volksbegehren zu kommentieren. Inhaltlich bin ich mir sicher, dass die Koalition eine gute und richtige Gerichtsstrukturreform auf den Weg gebracht hat.“ Effiziente Gerichtsstandorte müssen eine gewisse Mindestgröße haben, um auch im Vertretungsfall die Aufgaben in einer angemessenen Frist erfüllen zu können.

Anklams Bürgermeister Michael Galander hofft unterdessen, dass die 120 000 Unterschriften erreicht sind, ehe als erstes in seiner Stadt Tatsachen geschaffen werden. „Möglicherweise wird da bei nötigen Umbauarbeiten Geld verschwendet. Wir sind ja beim Justizministerium – da kann man auch über eine Strafe nachdenken“, sagte er an die Adresse der Landesregierung. Es sei jedenfalls bemerkenswert, dass Schwerin bislang so getan habe, als gäbe es das Volksbegehren gar nicht. „Das ist die typische Ignoranz der Justizministerin und anderer dort.“ Nach Galanders Informationen könnten für den Umbau des Anklamer Amtsgerichts zu einer Zweigstelle bis zu 250 000 Euro fällig werden.