StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernKorruptionsverdacht bei Reparatur der "Gorch Fock"

Vor 60. Geburtstag

Korruptionsverdacht bei Reparatur der "Gorch Fock"

Berlin / Lesedauer: 4 min

Die „Gorch Fock” war einmal der Stolz der Marine, ihr Image hat aber schwer gelitten: Kurz vor dem 60. Geburtstag gebt es wieder einmal beunruhigende Neuigkeiten.
Veröffentlicht:13.12.2018, 14:52
Artikel teilen:

Im Zusammenhang mit der Sanierung des Segelschulschiffs „Gorch Fock” geht das Verteidigungsministerium einem Korruptionsverdacht nach. Die Obleute des Bundestags-Verteidigungsausschusses wurden bereits am Mittwoch darüber unterrichtet, dass sich ein Mitarbeiter des Marinearsenals Wilhelmshaven bei seinen Vorgesetzten selbst der Vorteilsnahme bezichtigt hat. Am Donnerstag schaltete das Ministerium die Staatsanwaltschaft Osnabrück per schriftlicher Mitteilung ein.

Der Mann war nach Angaben aus dem Verteidigungsausschuss für die „technische Preisprüfung” bei der „GorchFock”-Reparatur zuständig. Er soll vergünstigte Darlehen mindestens von einem großen Auftragnehmer erhalten haben.

Kosten für Reparatur aus Ruder gelaufen

Das ist vor allem deswegen brisant, weil die Kosten für die Reparatur des Segelschiffes völlig aus dem Ruder gelaufen sind. Ursprünglich waren zehn Millionen Euro vorgesehen, dann wurde auf 75 Millionen erhöht, jetzt sind es 135 Millionen. Das hatte im Juni bereits den Bundesrechnungshof auf den Plan gerufen, der eine Prüfung einleitete. Die „Gorch Fock” wird seit Anfang 2016 von der Elsflether Werft auf einem Trockendock in Bremerhaven saniert.

Der Fall wird nur wenige Tage vor dem 60. Geburtstag der „Gorch Fock” bekannt, der am kommenden Montag an der Marineschule Mürwik in Schleswig-Holstein – in Abwesenheit der „Gorch Fock” – groß gefeiert werden soll. Unter anderen wird Verteidigungs-Staatssekretär Peter Tauber (CDU) zu dem Fest erwartet.

Opposition sieht sich in Skepsis bestätigt

Die Opposition sieht sich in ihren Vorbehalten gegen die Sanierung des Traditionsschiffs bestätigt. „Die Kostensteigerungen bei der 'Gorch Fock' haben uns schon immer sehr skeptisch gestimmt”, sagte der Grünen-Obmann im Verteidigungsausschuss, Tobias Lindner. „Nach den neusten Erkenntnissen scheint sich diese Skepsis zu bestätigen.”

Der Linken-Verteidigungsexperte Alexander Neu sprach von einem Skandal, der auch an der Reputation von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nage. „Von der Leyen scheint ihr Haus und die Truppe immer weniger im Griff zu haben”, sagte er. „Offensichtlich ist der aus Steuergeldern bestehende Militäretat zu einem Selbstbedienungsladen der Berater- und Rüstungsindustrie mutiert.” Der FDP-Haushaltsexperte Karsten Klein sagte, es sei „nur ein weiterer Tropfen in das Fass der immensen Probleme im Bundesministerium der Verteidigung”.

"Gorch Fock" galt als Stolz der Marine

Das 89 Meter lange, weiße Schiff mit seinen 45 Meter hohen Masten gilt als „Deutschlands Botschafterin unter Segeln” und war einmal der Stolz der Marine. In den vergangenen zehn Jahren haben aber Negativschlagzeilen das Image des Dreimasters erheblich ramponiert. 2010 stürzte eine Kadettin aus der Takelage der Dreimastbark in den Tod. Es gab Klagen über angebliche Schikanen und unwürdige Rituale an Bord, der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) schasste vorschnell den Kommandanten, der später wieder rehabilitiert wurde. Die Ausbildung auf der „Gorch Fock” wurde vorübergehend eingestellt, ihre Zukunft als Schulschiff in Frage gestellt.

Dennoch wurde die „Gorch Fock” bereits 2010 generalüberholt. Nur sechs Jahre später wurde eine erneute Sanierung gestartet, die die Einsatzbereitschaft des Schiffes bis 2040 sichern soll. Auf die Frage nach den Gründen für die Kostenexplosion antwortete das Ministerium im Juni auf eine parlamentarische Anfrage: „Zum Ausschreibungsbeginn waren das Ausmaß der Schäden und damit der tatsächliche Zustand des Schiffes nicht bekannt.”

Reparaturarbeiten dauern deutlich länger als geplant

Der Bund der Steuerzahler hat die Sanierung schon vor Monaten als „Fass ohne Boden” kritisiert und den Bau eines neuen Schiffes befürwortet. Diese Option wurde vom Ministerium auch geprüft und die Kosten dafür Ende 2016 vom Planungsamt der Bundeswehr auf 100 Millionen Euro beziffert – also weniger als die jetzt angepeilten Sanierungskosten. Eine spätere Untersuchung kam allerdings auf Neubaukosten von bis zu 170 Millionen Euro. Ausschlaggebend für die Entscheidung, die Sanierung weiterzuführen, war laut Ministerium der „möglichst bruchfreie Erhalt” der Ausbildungsmöglichkeiten für die Offiziersanwärter.

Wann die „Gorch Fock” wieder in See stechen wird, ist noch nicht ganz klar. Im November wurde bekannt, dass die Reparaturarbeiten ein Jahr länger dauern werden als geplant. Nach jetzigem Stand soll der Dreimaster statt im kommenden Frühjahr erst 2020 wieder auslaufen.