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Hilfen für Windrad-Firma

Ließ sich MV bei Nordex-Bürgschaft über den Tisch ziehen?

Neubrandenburg / Lesedauer: 2 min

Die MV-Regierung bürgt mit 116 Millionen Euro für den angeschlagenen Windradhersteller Nordex. Hamburg ist mit deutlich weniger Geld im Boot, obwohl die Firma dort ihre Zentrale hat. Warum?
Veröffentlicht:05.08.2020, 05:58

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Das Zähneknirschen war deutlich zu vernehmen, als in einer Sondersitzung der Finanzausschuss des Landtages die Millionenbürgschaft für den angeschlagenen Windradbauer Nordex abgesegnet hat. Mit 116 Millionen Euro steht ab sofort Mecklenburg-Vorpommern dafür ein, dass das Unternehmen nicht in die Knie geht.

Ginge der Plan nicht auf, müsste die Summe aus Steuergeldern beglichen werden. Schon in der vergangenen Woche wurde die Frage nach der Gegenleistung laut: Wie sicher ist der große Nordex-Standort in Rostock wirklich, was ist mit der Bezahlung der Mitarbeiter? Die AfD lehnte die Bürgschaft gleich ab.

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Höhere Gehälter in Hamburg

Hat sich die Landesregierung unterbuttern lassen, wenn sich Hamburg bei der Nordex-Rettung mit nur 59  Millionen Euro engagiert? Diese Frage stellen sich die Windkraftgegner der Partei Freier Horizont. Es sei doch bekannt, dass in der Zentrale in Hamburg deutlich höhere Gehälter gezahlt würden als am Produktionsstandort in Rostock.

Das Lohngefälle sei nicht genügend berücksichtigt worden, so Co-Vorsitzender Heiko Böhringer. Grundsätzlich sei die Bürgschaft zweifelhaft: Die Windbranche werde genug durch den Aufschlag auf die Strompreise subventioniert, die alle Kunden zu zahlen haben. Steuergelder sollten für die Erholung der Tourismus- und Gastronomiebranche, der Veranstaltungsszene oder in den Schulen verwendet werden.

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Viele Leiharbeiter in MV

Nordex beschäftigt in seiner Konzernzentrale in Hamburg rund 900 und an seiner „Werkbank“ in Rostock rund 1600 Mitarbeiter. Mit mehr als einem Drittel ist das spanische Unternehmen Acciona der größte Anteilseigner. Insider wissen zu berichten, dass in MV viele Leiharbeiter und Beschäftigte über Werkverträge arbeiten.

Aus Sicht der Gewerkschaft IG Metall sollte es künftig mehr Stammbeschäftigte bei Nordex geben, wenn der Staat einspringt. Stefan Schad, Geschäftsführer des IG-Metallbezirks, verweist auf eine Lohnlücke: Das Einkommen bei Nordex liege in der Produktion etwa ein Drittel unter dem Branchentarifvertrag. „Macht etwa 12.000 Euro im Jahr weniger“, sagte er.

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Das MV-Finanzministerium verteidigt die im Vergleich zu Hamburg höhere Bürgschaftssumme. Alleiniger Maßstab sei die höhere Zahl der Beschäftigten. Zudem kassiere das Land nach Rückgabe der Bürgschaft eine höhere Gebühr, erklärte ein Sprecher. Die Landesregierung sei zuversichtlich, dass es angesichts des „soliden Gesamtkonzepts“ von Nordex nicht notwendig sein wird, dass Geld aus der Bürgschaft tatsächlich benötigt werde.