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Kindesmissbrauch

Manuela Schwesig will rasche Strafverschärfungen

Schwerin / Lesedauer: 4 min

MV-Ministerpräsidentin Schwesig will nach dem Missbrauch-Skandal in Münster mit einer Bundesratsinitiative für härtere Strafen sorgen. Die Kinderhilfe fordert eine bessere Ausstattung der Polizei.
Veröffentlicht:14.06.2020, 09:10
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Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig will über eine Bundesratsinitiative eine schnelle Strafverschärfung bei Kindesmissbrauch herbeiführen. „Mecklenburg-Vorpommern wird einen Antrag beim nächsten Bundesrat einbringen. Jeder Missbrauch muss grundsätzlich als Verbrechen geahndet werden, denn er ist immer ein Verbrechen an der Seele und dem Körper eines Kindes”, sagte die SPD-Politikerin der „Bild am Sonntag”. Damit würde die Mindeststrafe automatisch ein Jahr Haft betragen. Auch bei Kinderpornografie müsse ein höheres Strafmaß als bisher gelten. „Denn hinter den Bildern und Videos steht reale und brutale Gewalt gegen ein Kind”, sagte Schwesig.

Die ehemalige Bundesfamilienministerin beklagte zu milde Urteile bei Kindesmissbrauch: „Es kann nicht sein, dass es immer wieder Täter gibt, die bereits wegen Kindesmissbrauch vorbestraft sind und dann erneut ein Kind Opfer wird. Künftig muss es weniger Bewährungsstrafen und mehr Sicherheit vor Wiederholungstätern geben.” Auch müsse die Polizei bundesweit mit modernster IT-Technik ausgestattet sein, um die Täter besser verfolgen zu können. Mecklenburg-Vorpommern rüste bereits auf.

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Nach dem Zugeständnis von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zu härteren Strafen bei Kindesmissbrauch und Kinderpornografie hat auch die Deutsche Kinderhilfe weitere Schritte gefordert. „Das Entdeckungsrisiko für die Täter muss weiter erhöht werden”, sagte Kinderhilfe-Chef Rainer Becker der dpa. Dazu gehöre, die Polizei mit geschultem Personal und Technik besser auszustatten. Auch Staatsanwaltschaften und Gerichte litten unter Personalmangel, was die Bestrafung der Täter erschwere. Das Missbrauchssystem sei so komplex, dass es nicht reiche, an nur einer Schraube zu drehen.

Verschärfung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes gefordert

Zur besseren technischen Ausstattung der Ermittlungsbehörden gehöre die Verschärfung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Damit werden Betreiber sozialer Netzwerke verpflichtet, nach Hinweisen auf verdächtige Bilder und Filme diese nicht wie bisher nur zu löschen, sondern sie an eine neue Zentralstelle beim Bundeskriminalamt zu melden, wie Becker sagte. Sie müssten aber auch gezwungen werden, solche Fälle zur Anzeige zu bringen, die sie selbst feststellen. Die Anzeigen dürften nicht nur auf Hinweise von außen beschränkt werden.

Auch die heftig umstrittene Vorratsdatenspeicherung gehöre zum dringend notwendigen Handwerkszeug der Ermittler, erklärte Becker. Damit sollen Anbieter gesetzlich verpflichtet werden, die Verbindungsdaten der Nutzer zu speichern, damit Ermittler später darauf zugreifen können. Über das Thema wird seit Jahren vor allem mit Blick auf den Datenschutz gestritten. Derzeit überprüft der Europäische Gerichtshof das deutsche Gesetz.

Becker beklagte, dass in der gegenwärtigen Gesetzesfassung viele Fehler enthalten seien. „Das nachzubessern dauert wieder Jahre.” Er vermutet hinter diesen Fehlern politisches Kalkül, anders sei ein Gesetzentwurf, der von so vielen Juristen angefertigt worden sei, nicht denkbar.

Mehr Prävention nötig

Becker forderte darüber hinaus die Verbesserung der Präventionsarbeit in diesem Bereich. Vielen Betrachtern von Kinderpornografie sei nicht klar, dass sie mit dem Klick auf das Bild oder das Video die Nachfrage erhöhen. Auch deshalb bekomme das System immer wieder einen neuen Antrieb.

Justizministerin Lambrecht hat zugesichert, härtere Strafen bei Kindesmissbrauch kurzfristig auf den Weg bringen zu wollen. Die Union hatte Druck gemacht und eine Strafrechtsänderung dahingehend gefordert, dass Kindesmissbrauch in jedem Fall als Verbrechen eingestuft wird und auch Strafen in Zusammenhang mit Kinderpornografie erhöht werden. Als Verbrechen gilt eine Tat, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe belegt ist, als Vergehen eine Tat, für die auch eine geringere Freiheits- oder Geldstrafe verhängt werden kann. Lambrecht hatte die Unionsforderungen zunächst zurückgewiesen und viel Kritik geerntet.

Am vergangenen Wochenende war ein Fall schweren sexuellen Missbrauchs mehrerer Kinder in Münster bekannt geworden. Der 27 Jahre alte Hauptverdächtige war wegen Kinderpornografiebesitzes zweifach vorbestraft. Bislang gab es in dem Fall in Münster Festnahmen von elf Tatverdächtigen aus mehreren Bundesländern. Sieben von ihnen sitzen in Untersuchungshaft. Die Union hatte daraufhin Strafverschärfungen verlangt. Auch Bundesjustizministern Christine Lambrecht (SPD) schwenkte nach anfänglicher Skepsis um und will nun rasch härtere Strafen auf den Weg bringen.

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