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Europameisterschaft

Mecklenburger röhrt sich auf den zweiten Platz

Dortmund / Lesedauer: 3 min

Elf Männer und eine Frau röhrten wie brünftige Hirsche – laut, kampfbereit und paarungsversessen. Thomas Soltwedel aus MV konnte seinen guten Ruf als Hirschrufer verteidigen.
Veröffentlicht:01.02.2020, 08:19
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Man hat es nicht leicht als brunftiger Hirsch. Kräftemessen, Kontrahenten bezwingen, den Damen im Wald imponieren: All das wird vom Hirschen gleichzeitig verlangt. Auch die menschlichen Imitatoren mussten gestern bei der Deutschen Meisterschaft im Hirschrufen in Dortmund das ganze Repertoire der Tiere im Blick haben, oder besser: in der Stimme.

Elf Männer und eine Frau maßen sich mit ihren Instrumenten – Ochsenhörnern, Glaszylindern und Tritonmuscheln, um die Stimmen der Tiere so überzeugend wie möglich zu imitieren. Förster Fabian Menzel (40) aus Bayern hatte nach dem amüsanten wie skurrilen Spektakel in drei Akten am Freitag die Nase vorn.

Nicht jeder Hirsch röhrt gleich

Aufgabe Nummer eins bei Europas größter Jagdmesse: Die Stimme des „jungen, suchenden Hirschen“ imitieren. Es soll sich anhören nach einem halbwüchsigen Aufschneider, der die Älteren provoziert, wie Wettkampfleiter Heiko Hornung von der veranstaltenden Zeitschrift „Wild und Hund“ dem Publikum erläuterte. Und tatsächlich, sogar der Laie vernahm die Unterschiede deutlich: Mal hat man einen zaghaften Hirsch vor Augen, dann klingt es nach einem souveränen Exemplar oder gar nach einem wahren Prachtburschen.

Disziplin Nummer zwei war „der Schrei des Siegers nach dem Brunftkampf“. Die Szene, die sich dem Zuhörer aufdrängt: Der siegreiche Platzhirsch gibt dem Unterlegenen im Wald noch geräuschvoll einen mit. Und auch die dritte Aufgabe ist nicht trivial: Das „Rufduell zweier gleichstarker Hirsche auf dem Höhepunkt der Brunft“ – hier müssen die Wettkämpfer also zweistimmig vortragen.

Hirschrufe verlangen ganzes Können der Teilnehmer

Es handele sich um ein jagdliches Handwerk mit jahrzehntelanger Tradition und mit ernstem Hintergrund, betonte Hornung. Der Rufer müsse sich in den König des Waldes einfühlen können, das gesamte Stimmenrepertoire beherrschen: Selbstsicher und herausfordernd – aber auch verlangend und schmachtend, wenn es darum geht, sich den Hirschkühen zu nähern, um – im Jägerjargon gesagt – brunftige Stücke zu beschlagen. Kenner wissen: Aus der Art des Rufes lässt sich allerhand ableiten – etwa wie alt der Geweihträger ist oder wie es um seine Gemütslage bestellt ist.

Hirschrufen ist auch bei der Imitation eine Männerdomäne. Als einzige Frau trat Hildegard Zervos aus NRW an. Sie kam auf Platz neun der zwölf Teilnehmer. Der Deutsche Meister Fabian Menzel hat „aus Jux und Dollerei“ mitgemacht. Er übe die Rufe, um in der Brunftzeit im September und Oktober das Rotwild aus der Deckung zu locken, schilderte er.

Mecklenburger belegt den zweiten Platz

Thomas Soltwedel aus Glave bei Linstow (Landkreis Rostock) röhrte sich auf den zweiten Platz. Der 55-jährige Berufsjäger ist in Mecklenburg-Vorpommern kein Unbekannter in der Hirschruf-Branche: Erst im September gewann er die Norddeutsche Meisterschaft in Bollewick bei Röbel zum dritten Mal in Folge.

Hirsche verlieren zum Ende der Brunftzeit bis zu 30 Prozent ihres Körpergewichts. Ganz so kräftezehrend geht es bei der „Jagd und Hund“ nicht zu. Aber die Darbietungen waren sichtbar anstrengend. Die Zuhörer lauschten ehrfurchtsvoll und andächtig. Manche grinsten sehr breit. Hannes (10) fand es „total lustig“. Der neunjährige Maris meinte allerdings: „Ich möchte am liebsten weglaufen.“