Nur drei Stunden nach Bekanntwerden der schweren Erkrankung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat der Landeschef der Freien Wähler, Gustav Graf von Westarp, die Regierungschefin aufgefordert, die Geschäfte an ihre Stellvertreter abzugeben – und allseits Entrüstung geerntet.
„Die Situation unseres Landes erlaubt keinen Einsatz mit nur halber Kraft und unplanbaren Ausfällen der Ministerpräsidentin. Frau Schwesig sollte für die Zeit ihrer Erkrankung die Geschäfte an ihren Stellvertreter abgeben und sich ganz auf ihre Gesundung konzentrieren“, teilte von Westarp per Pressemitteilung mit.
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Kritik aus den eigenen Reihen
Selbst die Fraktion der Freien Wähler/BMV im Landtag reagierte mit Unverständnis. „Wir als Fraktion halten eine solche Debatte für unangebracht und nicht notwendig“, stellte Fraktionsvorsitzender Bernhard Wildt klar. Man selbst sähe gegenwärtig keinen Anlass, die Ministerpräsidentin aufzufordern, ihre Aufgaben ruhen zu lassen. „Wir gehen davon aus, dass die Entscheidung von Manuela Schwesig wohl überlegt ist. Es gibt Beispiele in der Vergangenheit, die zeigen, dass beides miteinander vereinbar ist“, so Wildt.
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Auch die AfD als größte Oppositionspartei im Parlament ging mit Westarp hart ins Gericht. „Diese Forderung zum jetzigen Zeitpunkt zu stellen, erachten wir gelinde gesagt als Unverschämtheit. Politik sollte in diesem Moment in den Hintergrund treten und die Menschlichkeit im Vordergrund stehen“, forderte Fraktionsvorsitzender Nikolaus Kramer.
Kein Verständnis für Forderung
Sein SPD-Amtskollege Thomas Krüger reagierte mit beißender Ironie:„Eine Beratung durch Kleinstparteien, die mit unnötigen Kommentaren ein Presseecho suchen, braucht die Ministerpräsidentin nicht.“ Schwesig wisse ihre Kräfte sehr gut selbst einzuschätzen.
Und CDU-Fraktionschef Vincent Kokert ragierte kurz, knapp und deutlich: „Der heutige Tag dient nicht der politischen Profilierung“, schrieb er von Westarp ins adelige Stammbuch.
Die Linken machten schließlich ebenso deutlich, was sie von der Forderung halten: „Die Freien Wähler sollten sich jetzt mit solchen Ratschlägen etwas zurückhalten, das gebietet schon der menschliche Anstand. Im Übrigen existiert ein Geschäftsverteilungsplan, der gegebenenfalls erforderliche Vertretungen regelt“, so ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Peter Ritter.
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