Sparprogramm
NDR setzt Rotstift an – nie wieder Sommertour
Hamburg / Lesedauer: 3 min
Im Schweriner NDR-Landesfunkhaus Mecklenburg-Vorpommern galt die alljährliche NDR-Sommertour als heilige Kuh – doch damit ist nun offenbar Schluss. Die Veranstaltungsreihe mit Gratis-Konzerten im ganzen Land, fällt dem in dieser Woche vorgestellten rigiden Sparprogramm des neuen NDR-Intendanten Joachim Knuth zum Opfer.
Es entfallen 200 Stellen – und Unterhaltungs-Sendungen
Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) muss demnach in den kommenden vier Jahren rund 300 Millionen Euro einsparen und damit 60 Millionen Euro mehr als bislang geplant. Über die Einzelheiten des Sparprogramms habe Intendant Joachim Knuth am Freitag den Verwaltungsrat informiert, teilte der öffentlich-rechtliche Sender in Hamburg mit. Es sei vorgesehen, die Ausgaben für Personal, Produktion, Verwaltung und Programm zu senken. Unter anderem würden 200 Planstellen nicht nachbesetzt und so die Personalkosten um zehn Prozent zurückgeführt.
Im Fernsehen seien Einschnitte im Bereich Unterhaltung zu erwarten, auch bei den Zulieferungen des Senders für die ARD, heißt es in der Mitteilung. Zukünftig werde es weniger „Tatorte“, Unterhaltungsshows und Fernsehspiele vom NDR geben. Einige Sendungen wie „Inselreportagen“ und „Lieb und teuer“ werden gestrichen. „Zapp“ und das „Kulturjournal“ verlagern ihre Inhalte zunehmend in Online-Angebote und digitale Verbreitung. Das Engagement des NDR für die Gemeinschaftseinrichtung ARD-aktuell in Hamburg („Tagesschau“, „Tagesthemen“) behalte höchste Priorität.
Nur noch eine Großveranstaltung pro Bundesland und Jahr
Gestrichen werden auch die Sommertouren der Landesfunkhäuser in Hamburg, Hannover, Schwerin und Kiel. Künftig plane der NDR in jedem seiner vier Länder pro Jahr nur noch eine Großveranstaltung als Gastgeber. Bei den Musikensembles werden Personalkosten reduziert und Strukturen verändert. Veranstaltungen wie das NDR Klassik Open Air fallen weg.
Der NDR verfügt jährlich über Einnahmen von rund einer Milliarde Euro (2018), konnte aber bislang aus Rücklagen höhere Ausgaben finanzieren. Diese Rücklagen sind aufgebraucht, so dass auch eine mögliche Erhöhung des Rundfunkbeitrags von gegenwärtig 17,50 Euro auf 18,36 Euro pro Monat keine grundlegende finanzielle Entlastung bedeuten würde.
„Herausfordernde Finanzlage” – trotz Millionen von Gebührenzahlern
Knuth hatte deshalb schon im Januar ein Sparprogramm angekündigt. „Angesichts der herausfordernden Finanzlage müssen wir Prioritäten setzen“, sagte der Intendant. „Wir werden unseren starken Journalismus, die Information, die regionale Kompetenz bewahren, müssen aber dafür an anderer Stelle auf Gewohntes verzichten.“ Die Folgen der Corona-Krise hätten die Einsparnotwendigkeit für die nächsten Jahre noch einmal deutlich erhöht.
Zudem belastet ein Neubau für den Sendebetrieb des NDR-Fernsehens das Budget. Das alte Bürogebäude kann wegen Asbest-Belastung nicht mehr genutzt werden. Um Kosten zu sparen, wird der Abriss des Gebäudes um zunächst vier Jahre verschoben.