StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernNeues Linken-Spitzenduo mit 41 Jahren Altersunterschied

Nach Wahlniederlage

Neues Linken-Spitzenduo mit 41 Jahren Altersunterschied

Rostock / Lesedauer: 4 min

Die 21-jährige Studentin Vanessa Müller führt nun die Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern – gemeinsam mit Urgestein Peter Ritter (62), der eigentlich in den Ruhestand gehen wollte.
Veröffentlicht:19.03.2022, 14:35
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Mit einer neuen Führung will die Linke in Mecklenburg-Vorpommern in den kommenden Jahren mehr Präsenz in der Gesellschaft erreichen und deutlich bessere Wahlergebnisse als zuletzt erzielen. Unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs wählte der Landesparteitag am Samstag in Rostock die 21-jährige Vanessa Müller und den 62-jährigen Peter Ritter zum neuen Führungsduo. Der Parteitag hatte mit einem „Moment der Stille“ begonnen, um der Opfer des Krieges zu gedenken.

Während Müller bei den 88 Delegierten eine Zustimmung von 68,3 Prozent erzielte, kam Ritter auf einer zweiten Liste auf 56,1 Prozent. Sein Gegenkandidat, der Schweriner Torsten Skott, erreichte 43,9 Prozent. Allerdings konnte Ritter wegen eines Trauerfalls in der Familie nicht in Rostock sein und sich mit einer Rede vorstellen.

Viele Ziele nicht erreicht – Wahlergebnis war schlecht

Die bisherigen Parteichefs Torsten Koplin und Wenke Brüdgam waren nicht mehr angetreten. Sie räumten ein, dass viele ihrer zu Beginn der Amtszeit formulierten Ziele nicht aufgegangen seien. So wurde 2021 mit 9,9 Prozent bei der Landtagswahl das schlechteste Wahlergebnis der Parteigeschichte erzielt, und es fehle an neuen Mitgliedern. Koplin bezeichnete es als Erfolg, dass die Linke seit der Landtagswahl Juniorpartner in der rot-roten Landesregierung in Schwerin ist.

Ritter hatte vor dem Parteitag die erfolgreiche Teilnahme an den Kommunal- und Europawahlen in zwei Jahren in den Mittelpunkt seiner künftigen Arbeit gestellt. Zudem müssten die Inhalte der Partei in der Koalitionsvereinbarung durchgesetzt werden.

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Junge Menschen und Frauen im Fokus

Müller kritisierte bei ihrer Vorstellung, dass Inhalte und Positionen der Linken bei den Wählern nicht ankämen. Sie forderte deshalb einen konsequenten Ausbau des Engagements in den Sozialen Medien. Angesichts der rückläufigen Mitgliederzahlen wolle sie verstärkt den Fokus auf junge Menschen und Frauen richten. Im Unterschied zu den anderen Parteien besetze ihre Partei sozialistische Positionen und verknüpfe alle Themen mit sozialer Gerechtigkeit. Gleichzeitig betonte sie die antimilitaristische Ausrichtung der Linken.

Der Rostocker Politologe Wolfgang Muno bemängelte, dass die inhaltliche Auseinandersetzung zu den Gründen für die Wahlniederlage bislang zu kurz komme. „Die Linke muss sich fragen, ob sie die Menschen mit ihren Themen überhaupt erreicht“, betonte er beim Parteitag. Insgesamt vertrete das neue Führungsduo hauptsächlich die Klientel „ganz jung und ganz alt“, die sie auch gewählt haben.

Interessanterweise ist Vanessa Müller eine von Munos Studentinnen. Sie habe das Seminar „Landespolitik in Mecklenburg-Vorpommern“ erfolgreich abgeschlossen, so Muno.

Mohamed Ali: „Schockiert von der Kriegsbesoffenheit”

In Rostock sprachen auch die Fraktionschefs im Bundestag, Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch. „Parteien, die zerstritten sind, werden nicht gewählt“, betonte Bartsch, was mit ein Grund für die schlechten Ergebnisse der Linken bei den letzten Wahlen sei. Wenn nach hartem Ringen eine Entscheidung getroffen sei, müsse die Partei dazu stehen. Wenn immer weiter unterschiedliche Meinungen geäußert werden, zerstöre das das Vertrauen der Wähler.

Bei Diskussionen sei manchmal mehr Zurückhaltung angesagt, sagte Bartsch. Er habe das auch seiner Fraktion gesagt: „Wir können es so weitermachen, nur wird das dazu führen, dass wir dann die letzte Fraktion sind.“ Die Linke war bei der Bundestagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, aber dank dreier Direktmandate schaffte sie es wieder in Fraktionsstärke ins Parlament.

Mohamed Ali betonte, dass die Linke trotz des Ukraine-Krieges an den Prinzipien einer Friedenspartei festhalten werde. „Aufrüstung und Waffenlieferung, das ist immer noch der falsche Weg.“ Sie kritisierte das von der Bundesregierung angekündigte Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung der Bundeswehr und die darauf folgende Reaktion von Abgeordneten im Bundestag. „Ich war schockiert über diese Kriegsbesoffenheit der anwesenden Abgeordneten“, sagte sie. Eine Aufrüstungsspirale könne nicht der Weg zum Frieden sein.

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