StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernNiederländische Frau brutal niedergeschlagen

Polizei sucht Zeugen

Niederländische Frau brutal niedergeschlagen

Greifswald / Lesedauer: 4 min

Sie kam nach Deutschland, um das Leben ihres Kindes zu retten. Die Krebstherapie ist die letzte Hoffnung für die Familie. Doch zu diesem Schicksalsschlag kam ein neuer hinzu.
Veröffentlicht:12.02.2015, 20:02
Artikel teilen:

Um den Kopf freizubekommen, hat sie nur noch einmal frische Abendluft schnuppern wollen. Die junge Mutter aus den Niederlanden hat viele Sorgen. Ihre achtjährige Tochter Aliza ist schwer krebskrank. Therapien in ihrem Heimatland und in den USA schlugen nicht an. Eine neuartige Immuntherapie in der Kinderkrebsstation der Greifswalder Unimedizin ist die vielleicht letzte Chance für das Kind.

Geplagt von Sorgen und neuen Hoffnungen spazierte die Frau am Mittwoch vergangener Woche zwischen 20 und 22 Uhr entlang der Loitzer Straße ganz in der Nähe des Elternhauses des Kinderkrebsvereins, als plötzlich zwei unbekannte Männer auf sie zugingen und sie ansprachen. Da die Frau nur englisch und niederländisch spreche, habe sie zuerst nicht verstanden, was die beiden für Absichten hatten, sagt Polizeisprecherin Carolin Radloff. In Erinnerung seien ihr nur die dabei gefallenen Worte „kriminell“ und „Ausländer“ geblieben.

Miete für mehrere Monate gestohlen

Dann soll einer der Täter der jungen Frau so gewaltvoll ins Gesicht geschlagen haben, dass sie zu Boden ging. Anschließend soll der zweite Mann noch brutal auf sie eingetreten haben. Bevor sich beide vom Tatort entfernten, raubten sie noch Bargeld aus der Handtasche der Passantin. Es soll eine größere Summe gewesen sein, wie die in Holland lebende Mutter Tage danach sagte.

Ihre letzten Ersparnisse wollten die Eltern in die Behandlung ihrer kleinen, an einem Tumor leidenden Tochter im Ausland stecken. Um die aufwendige Therapie überhaupt finanzieren zu können, hatte der Vater daheim sogar seine Firma verkaufen müssen. Einen Teil davon brauchte die Frau, die für die Dauer der mehrmonatigen Behandlung bei ihrem Kind in Greifswald bleiben wollte, für die Unterkunft im sogenannten Elternhaus des Kinderkrebsvereins. Die Miete für mehrere Monate wurde ihr nun gestohlen. 

In der Unimedizin Greifswald sorgte die Nachricht von dem menschenverachtenden Überfall für Fassungslosigkeit. „Wir sind zutiefst betroffen“, sagte der Ärztliche Vorstand, Thorsten Wygold. Das Klinikum verstehe sich als weltoffene Einrichtung, die stolz sei auf die Internationalität ihrer Mitarbeiter und Patienten. Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung lehne man entschieden ab. „Wir werden alles tun, um der jungen Mutter zu helfen, diesen furchtbaren und abscheulichen Überfall zu verarbeiten. Sie ist doch mit ihrer Sorge um ihr Kind schon genug belastet.“

Polizei sucht einen wichtigen Zeugen

Solidarität bekundeten auch viele Menschen in Deutschland und Holland im Internet. Nach einem Bericht in der niederländischen Boulevardzeitung „De Telegraaf“ sowie den im sozialen Netzwerk Facebook veröffentlichten Fotos der verletzten Frau und Videos ihrer kleinen Tochter bekundeten viele Nutzer ihre Anteilnahme. Viel Zustimmung erhielt der Vorschlag, ein Spendenkonto für die Familie einzurichten.

Unterdessen hat der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen. „Wir suchen vor allem einen Zeugen, der das Opfer noch am Boden liegend aufgefunden und der Frau aufgeholfen hatte“, sagt ein Polizeisprecher. Möglicherweise hat der Mann von der gegenüberliegenden Straßenseite etwas beobachten können. Bislang hätten sich aber noch keine Zeugen gemeldet, weder bei der Einsatzleitstelle in Neubrandenburg (Tel. 0395 55822223), noch über die Internetwache der Landespolizei (www.polizei.mvnet.de) oder bei jeder anderen Polizeidienststelle.

Täterbeschreibung

Die Frau, die zunächst keine Anzeige bei der Polizei erstattet hatte, wurde inzwischen im Krankenhaus von der Polizei vernommen. Sie habe noch immer unter Schock gestanden und habe Schwellungen an den Lippen, sagt die
Polizeisprecherin. Ihren Angaben zufolge soll es sich bei den beiden Schlägern um Männer im Alter zwischen 25 und 35 Jahren gehandelt haben, die mit Jeans und dunklem Schuhwerk bekleidet waren. Einer von ihnen soll etwa 1,75 Meter groß und schlank, der andere etwa 1,90 Meter groß und kräftig gewesen sein.