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Notaufnahmen geschlossen – Lebensgefahr für Patienten in MV?

Schwerin / Lesedauer: 5 min

Notaufnahmen geschlossen, Kliniken überlastet, Unterstützung weg: Die Kliniken in MV arbeiten an der Belastungsgrenze oder weit darüber hinaus. Wie gut versorgt sind wir noch?
Veröffentlicht:26.03.2022, 07:21

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Die Corona-Lage in Mecklenburg-Vorpommern ist weiterhin dramatisch, so sehr, dass sich einige Notaufnahmen der Krankenhäuser aufgrund von Personalmangel bereits stundenweise oder für einen Tag bei der Rettungsleitstelle abmelden mussten – so etwa das Greifswalder Uniklinikum oder das Helios Klinikum in Stralsund.

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Doch eine Schließung im engeren Sinne sei das nicht, erläutert Uwe Borchmann, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (KGMV). Vielmehr handele es sich „im medizinischen Sinn um eine Teilabmeldung”. Wichtig: „Jeder Patient, der ein Krankenhaus erreicht und versorgt werden muss, wird auch dort versorgt.”

Patienten müssen woanders hin

Falls eine Notaufnahme abgemeldet ist, werde der Rettungsdienst informiert. „Insoweit kann es dazu kommen, dass Patienten auch vom Rettungsdienst in ein entfernter gelegenes Krankenhaus gebracht werden müssen, sofern ihr Gesundheitszustand dies zulässt”, so Borchmann. Akute Fälle, wie etwa ein Herzinfarkt, würden aber natürlich immer versorgt, so Borchmann.

Es kann aber auch dazu kommen – und das sind die überwiegenden Fälle in MV –, dass Krankenhäuser darüber informieren, keine weiteren Patienten mehr aufzunehmen, da die Stationen entweder überfüllt sind oder nur noch eingeschränkt betrieben werden können. „Dies wird in der öffentlichen Wahrnehmung mit einer Schließung gleichgesetzt”, sagt Borchmann. Um solche Fälle zu vermeiden, werde zeitweise Personal aus anderen Stationen in den Notaufnahmen eingesetzt. Von daher kam es bisher nur vereinzelt zu einer Abmeldung von wenigen Stunden oder einem Tag, so Borchmann.

Schwierige Lage wird öffentlich

Laut Alexander Kujat, Pressesprecher des Gesundheitsministeriums in Schwerin, erschweren aktuell mehrere Dinge die Situation in den Krankenhäusern. Die Bundeswehr zieht größtenteils bis April aus Pflegeheimen und Klinken ab und unterstützt dann nicht mehr vor Ort. Außerdem seien viele Ehrenamtliche aus den Wohlfahrtsverbänden, die in den Kliniken bereits ausgeholfen haben, jetzt vor allem in der Arbeit rund um die Flüchtlingshilfe eingespannt. „Und dann haben wir in den Kliniken eine heftige Dauerbelastung bei extrem hoher Ausfallquote”, sagt Kujat.

Durch die Ukraine-Krise sei alles weggebrochen. „Wir gucken, wo wir die Lücken stopfen können”, sagt der Sprecher von Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD). Man setze etwa Medizinstudenten in den Kliniken ein.

Die extrem schwierige Lage in den Klinken des Landes werde jetzt öffentlicher”, sagt Kujat, obwohl sie schon länger anhalte. Es gehe ans Eingemachte, weil eben so viel Personal ausfällt aufgrund einer Coronaerkrankung. Ministerin Drese sagte es am Donnerstag so: „Bis zu 30 Prozent des Personals fallen aus, Stationen werden geschlossen, Operationen verschoben, Notfallpatienten in Nachbarhäuser umgelenkt, Beschäftigte in Kernbereichen zentralisiert.“

Klinik-Mitarbeiter: Krank, Quarantäne, Pflege von Verwandten

Die Kliniken in der Mecklenburgischen Seenplatte und Vorpommern-Greifswald bestätigen die Probleme – vor allem die hohen Ausfälle. Im Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg fehlen aktuell rund 15 Prozent der Mitarbeiter aller Berufsbereiche aus dem Klinikum und den Tochterunternehmen aufgrund von Krankheit oder Quarantäne, heißt es auf Nordkurier-Anfrage. In der Pflege sind es 18 Prozent.

Die Zentrale Notaufnahme sei im normalen Betrieb, so eine Klinik-Sprecherin. Die Leitung des Krankenhauses hatte aber wegen der vielen Personalausfälle bereits Mitte Februar festgelegt, dass am Standort Neubrandenburg ausschließlich Notfälle, absolut dringende Eingriffe und Untersuchungen sowie die Behandlung von Tumorpatienten durchgeführt werden. Die personellen Kapazitäten müssen für dringliche Behandlungen und die Unterstützung betroffener Bereiche vorgehalten werden.

Noch unterstützt die Bundeswehr in Vorpommern

Auch im Kreiskrankenhaus Demmin ist die Lage hauptsächlich durch Personalausfall sehr angespannt, sagt Geschäftsführer Kai Firneisen. Die Belegung mit Corona-infizierten Patienten bereite aber derzeit nicht die größte Sorge, auch wenn diese Fälle stetig steigen. Bis zum Freitag wurden dort aktuell elf Patienten behandelt, Tendenz steigend. Auch die Intensivstation ist voll, allerdings nicht mit Corona-Fällen.

Die Auslastung ist auch in der Notaufnahme am Kreiskrankenhaus Demmin hoch, sei aber nicht in Gefahr. Die Belastung sei aber in diesen Wochen am höchsten seit Ausbruch der Pandemie. Noch nie war das Kreiskrankenhaus im Personal so ausgedünnt. Die Ausfallquote liegt wie bei anderen auch bei fast 30 Prozent. Die Mitarbeiter leisteten Großartiges in der schweren Situation, aber das gehw an keinem spurlos vorbei, so Firneisen. Der Krankenhaus-Chef bedankt sich auch bei der Bundeswehr, die aktuell im Krankenhaus noch aushilft.

Auch in den Ameos-Kliniken in Anklam und Ueckermünde unterstützen Bundeswehr-Soldaten noch. Die Hilfe der Soldateninnen und Soldaten werde dankbar angenommen, ohne die der große Ausfall für die ausgedünnten Pflegekräfte noch ärger wäre. Durch den Einsatz der uniformierten Helfer im stationären Alltag sei es gelungen, die durch Krankheit oder Quarantäne entstandenen Personalausfälle zu kompensieren und die eigenen Pflegekräfte so zu unterstützen, heißt es von Ameos.

Die Absicherung des regulären Betriebs der Notaufnahme hat höchste Priorität, heißt es. Aufgrund der anhaltenden hohen Infektionszahlen sind seit dem 17. März Patientenbesuche in den Ameos-Kliniken in Anklam und Ueckermünde bis auf Weiteres nur in Ausnahme- oder Notfällen möglich.

In Südvorpommern ist es im Asklepios-Klinikum in Pasewalk ähnlich angespannt, bisher mussten aber keine Stationen schließen oder Operationen generell absagt werden, letztere werden bei Notfällen verschoben. Laut Kliniksprecherin Steffi Kapell liegt der Ausfall beim Personal aktuell unter zehn Prozent.

Das Besuchsverbot für Angehörige hält laut Asklepios zufolge bis auf Weiteres an, aufgrund der hohen Inzidenzen. Eine exakte Anzahl der stationären Covid-Patienten könne die Klinik nicht angeben, da diese sich täglich ändere. In den vergangenen Wochen habe sich aber eine Belegung der Isolierstation-Station von 12 bis 17 Patienten abgezeichnet. Hinzu kämen bis zu drei Covid-Patienten auf der Intensivstation.

Noch keine Impfpflicht-Ausfälle

Ausfälle wegen fehlender Corona-Impfung bei Beschäftigten werden bei den Krankenhäusern aktuell noch nicht verzeichnet. Seit dem 16. März sollen Gesundheitsämter in MV auf die gemeldeten Mitarbeiter ohne Corona-Impfung zugehen und diese anhören. Erst danach kann das Gesundheitsamt gegebenenfalls ein Beschäftigungsverbot aussprechen.