StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernOpposition nach Minister-Bericht zu MV Werften pessimistisch

Eigner verlangt 78 Millionen

Opposition nach Minister-Bericht zu MV Werften pessimistisch

Schwerin / Lesedauer: 5 min

Landespolitiker fordern, die Bundesregierung und der Werfteigner Genting mögen sich rasch einigen und den Riesen-Kreuzliner Global 1 fertigbauen. Nicht jeder glaubt daran.
Veröffentlicht:05.01.2022, 19:57
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In Teilen der Landespolitik macht sich Pessimismus breit, was die Zukunftsaussichten der MV Werften mit ihren mehr als 2000 Beschäftigten angeht. Finanzminister Heiko Geue (SPD) berichtete am Mittwoch in einer Sondersitzung des Finanzausschusses über die jüngste Entwicklungen. Der Werfteigner Genting Hongkong verlangt seit voriger Woche vor Gericht die sofortige Auszahlung eines Landeskredits in Höhe von 78 Millionen Euro vom Land. Am kommenden Dienstag soll die Verhandlung am Landgericht Schwerin stattfinden. Laut IG Metall müssen bereits am Freitag die Löhne der Mitarbeiter gezahlt werden.

Nach Einschätzung der oppositionellen CDU sind die Zukunftsaussichten der MV Werften düster. Der Fraktionsvorsitzende der ebenfalls oppositionellen AfD, Nikolaus Kramer, kam sogar zu der Einschätzung: „Die Werften sind mit diesem Eigentümer offensichtlich nicht mehr zu retten.“ Es sehe danach aus, als habe Genting überhaupt kein Interesse mehr daran, die Auflagen für weitere Hilfen zu erfüllen, sondern nur wolle noch Steuergelder abgreifen. Eine Insolvenz sei so kaum noch zu verhindern. „Game over“, meinte Kramer. Die Landesregierung sei mit ihrem Krisenmanagement gescheitert.

Werften als industrielles Rückgrat von MV

Nach Minister Geues Bericht im Finanzausschuss erklärte der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Marc Reinhardt: „Demnach scheint der Genting-Konzern finanziell stark angeschlagen, gleichzeitig scheint die Bereitschaft bei Land und Bund zu sinken, der Werft mit Bürgschaften oder Darlehen zur Seite zu stehen.“ Sein Eindruck sei, dass die rot-rote Landesregierung mit „deutlich gebremstem Ehrgeiz“ zu Werke gehe.

Auch Reinhardt kritisierte das Vorgehen der Regierung von Manuela Schwesig (SPD) heftig. „Als im Sommer in Stralsund die Crystal Endeavor getauft wurde, hat sich die Ministerpräsidentin höchstselbst auf jedes Kamerabild gedrängelt. Jetzt, wo die Werften deutlich Schlagseite haben, scheinen wichtige Verhandlungsrunden in Berlin teilweise ohne die zuständigen Schweriner Minister zu verlaufen.“ Das lasse tief blicken. Aus der Staatskanzlei gab es zunächst keine Stellungnahme zu den Vorwürfen.

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Reinhardt betonte, dass die CDU-Fraktion erwarte, dass alles, was rechtlich möglich und wirtschaftlich sinnvoll sei, getan werde, um den Werftenstandort zu retten. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Wolfgang Waldmüller, betonte, die Werften verdienten die volle politische Aufmerksamkeit und müssten Chefsache sowohl in Berlin als auch in Schwerin werden. Die MV Werften gelten als industrielles Rückgrat Mecklenburg-Vorpommerns.

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FDP fordert Transparenz

Auch aus der FDP-Fraktion kam Kritik, die Sitzung des Finanzausschusses habe nicht das erhoffte Licht ins Dunkel gebracht. „Es fällt schwer zu verstehen, warum das Land bei den Vertragsverhandlungen zu dem aktuell diskutierten Darlehen mal wieder den Kürzeren gezogen hat“, hieß es von Fraktionschef René Domke. Er forderte, dass die Vorgänge zügig und transparent aufgearbeitet werden.

Das Land knüpft die Auszahlung des im Juni 2021 vereinbarten Kredits unter anderem an die Bedingung, dass sich Genting mit dem Bund über die Fortführung der Werften verständigt. Dann würde auch der Bund noch 300 Millionen auszahlen. Eine Einigung beider Seiten ist bislang nicht vermeldet worden. Vertreter der Regierungsfraktionen von SPD und Linke im Landtag forderten nach der Sondersitzung des Finanzausschusses nachdrücklich eine rasche Einigung und lenkten die Blicke nach Berlin.

Linke: Bund muss Verantwortung übernehmen

Der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Torsten Koplin, erklärte, Genting Hongkong müsse jetzt zeigen, wie viel Vertrauen der Konzern in die eigenen Projekte habe. Der Bund müsse seine Verantwortung wahrnehmen, dürfe das Land nicht im Regen stehen lassen und solle auf das Unternehmen zugehen. Das Land habe mehrfach seine Bereitschaft gezeigt, die erforderlichen Schritte zu gehen, um die Werften und die Beschäftigung zu sichern. „Es ist keiner Seite geholfen, wenn der Bau der Global 1 zum jetzigen Zeitpunkt abgebrochen wird“, erklärte er.

Auch der finanzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Tilo Gundlack, forderte eine rasche Einigung. „Aber wir brauchen auch langfristige Lösungen“, betonte er. Dafür hätten die Werften beste Voraussetzungen – gerade mit Blick auf den Bau von Offshore-Windparks.

SPD und Linke bezeichneten die Kritik der CDU zudem als unsachlich und warfen Reinhardt und Waldmüller vor, sie betrieben „parteipolitische Spielchen“ und schaffen eine „Atmosphäre der Unsicherheit und Angst“. „Während die CDU auch angesichts dieser Herausforderung nicht davor zurückschreckt, leichtfertige Halbwahrheiten zu verbreiten“, kümmere sich die Landesregierung darum, eine verlässliche Lösung zu erreichen, hieß es vom wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Christian Winter.

Ohne Geld kann die Global 1 nicht gebaut werden

Heiko Messerschmidt von der IG Metall Küste sagte: „Die Situation ist extrem belastend für alle Beschäftigten auf den MV Werften in Rostock, Stralsund und Wismar sowie der Lloyd-Werft in Bremerhaven. Sie sind die Leidtragenden dieser wochenlangen Hängepartie.“ Er appellierte an alle Beteiligten, endlich zu einer Lösung zu kommen. „Mit dem Weiterbau der Global 1 wird kurzfristig Beschäftigung gesichert. Außerdem brauchen wir Perspektiven für alle Standorte.“

Der NDR zeigte am Mittwoch eine Halle der MV Werften Fertigmodule GmbH in Wismar, in der Kabinen für das in großen Teilen fertige Riesen-Kreuzfahrtschiff Global 1 für 10.000 Passagiere gebaut werden. Gearbeitet wurde dort nicht. Nach Worten einer Betriebsrätin sind bereits 2500 Kabinen für die Global 1 gebaut worden, 90 fehlten noch. Fließe kein Geld, könne nicht weitergebaut werden und dem Unternehmen mit 115 Mitarbeitern drohe die Schließung. Wismars Bürgermeister Thomas Beyer (SPD) forderte in der Sendung Entscheidungen im Sinne der Werft-Mitarbeiter.