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Wirtschaft

Pflicht zum Homeoffice ist „weltfremd“

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Arbeitgeber sind neuerdings verpflichtet, ihren Mitarbeitern die Arbeit im HomeOffice zu ermöglichen. Für die Regelung gibt es aber offenbar überhaupt keinen Grund.
Veröffentlicht:21.01.2021, 05:49

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Arbeitnehmer, die ihre Arbeit auch von zu Hause aus erledigen können, sollen künftig ein Recht darauf haben, das auch zu tun – Arbeitgeber müssen sie in diesen Fällen von zu Hause aus arbeiten lassen. Diese Regelung ist Bestandteil neuen Corona-Maßnahmen, die am Dienstagabend beschlossen wurden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) legte darüber gestern eine entsprechende „Corona-Arbeitsschutzverordnung“ vor. Sie soll voraussichtlich Mitte kommender Woche in Kraft treten. Die Regeln darin sind befristet bis zum 15. März.

Der Minister forderte die Beschäftigten und Unternehmen aber auf, die neuen Möglichkeiten massiv zu nutzen. Auch Manuela Schwesig (SPD) begrüßte die Regelung und rief dazu auf, sie – wo immer möglich – umzusetzen.

Wie soll man ohne schnelles Internet daheim arbeiten?

Doch stimmt das mit der Verordnung vermittelte Bild überhaupt, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter gegen deren Willen zwingen, vom Büro aus zu arbeiten, obwohl es auch von zu Hause aus ginge? Im Gegenteil, sagen die Arbeitgeberverbände.

Sven Müller, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmerverbände in Mecklenburg-Vorpommern, nannte die neue Pflicht gestern „weltfremd“. Die Entscheidung liege bei den Unternehmen selbst, so Müller, nur sie könnten im Einvernehmen mit den Beschäftigten beurteilen, wo Homeoffice möglich sei. „Die von Heil ausgesprochene Drohung und Ankündigung von Kontrollen stellten die Betriebe unter Generalverdacht. Diese Art der Krisenbewältigung lehnen wir auf das Schärfste ab.“

Nicht einmal die Gewerkschaft kennt einen Konflikt-Fall

„Solche Entscheidungen gehören auf die betriebliche Ebene“, sagte auch Ralf Pfoth, stellvertretender Hauptgeschäftsführer bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Neubrandenburg, die für die Unternehmen im Osten des Landes spricht. Und bislang habe es dort beim Thema Homeoffice auch keine Konflikte gegeben. Somit sei die neue Vorschrift „nicht notwendig“. Vielmehr gab Pfoth zu bedenken, dass die Digitalisierung nicht überall so weit fortgeschritten sei. Wegen mangelnder Bandbreite sei die Arbeit von zu Hause aus in ländlichen Regionen oft nicht möglich. Hinzu kommt: Es gibt auch Arbeitnehmer, deren Wohnsituation es nicht ermöglicht, ungestört zu arbeiten.

„Wichtig ist, dass Unternehmer jetzt verpflichtet sind, mit ihren Arbeitnehmern zu sprechen“, kommentierte auf Nordkurier-Anfrage hingegen ein Sprecher der Dienstleistungsgesellschaft Verdi Nord, wo man die neue Homeoffice-Pflicht grundsätzlich begrüßt. Nun komme das Thema auch in Betrieben zur Sprache, wo vielleicht noch nicht darüber geredet worden sei: „Wir fordern, dass mobiles Arbeiten überall dort umgesetzt werden sollte, wo es möglich ist.“

Arbeitnehmer, die wegen der Pandemie zu Hause arbeiten wollen, denen dies von ihren Chefs bislang aber nicht genehmigt worden sei, seien allerdings auch bei Verdi Nord nicht bekannt, so der Sprecher: „Bislang hat das gut funktioniert und überall wurden gute Lösungen gefunden.“