StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernRausschmiss befeuert Aufklärung der Uni-Skandale

Mathias Brodkorb

Rausschmiss befeuert Aufklärung der Uni-Skandale

Rostock / Lesedauer: 4 min

Auch wenn Mathias Brodkorb als Chef des Aufsichtsrates der MV-Unikliniken abgelöst worden ist – inklusive Jahresgehalt-Abfindung – ist die Entscheidung weiter brisant.
Veröffentlicht:09.03.2022, 06:12

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Da mögen Wissenschaftsministerin Bettina Martin und Staatskanzlei-Chef Patrick Dahlemann (beide SPD) noch so sehr versichern, dass die überraschende Auflösung des Vertrages von Mathias Brodkorb in keinem Zusammenhang mit dem Antrag der Jamaika-Opposition im Landtag auf Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Missmanagement in den Unikliniken Rostock und Greifswald sowie der möglichen Verschwendung von Steuergeldern stehe.

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Missstände in Rostock und Greifswald

Es ist selbstverständlich kein Zufall, dass die Personalie Brodkorb ausgerechnet einen Tag bevor CDU, FDP und Grüne das schärfste politische Schwert des Parlaments zücken, von der rot-roten Landesregierung abgeräumt wird. Vorerst jedenfalls. Denn aus dem Schneider ist Wissenschaftsministerin Martin mit dem politischen Ende des Aufsichtsratschefs Brodkorb noch längst nicht.

Zur Erinnerung: Es war Bettina Martin, die den früheren Finanz- und Bildungsminister im Jahr 2019 auf den Chefposten im Aufsichtsrat hievte – böse Zungen behaupten, weggelobt hatte. Denn Brodkorb gilt als intellektueller und nicht einfacher Kopf, der so manchem Mitglied der Landesregierung in seinen Ministerjahren vor den selbigen gestoßen hatte. Besonders mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig lag Brodkorb nach deren Amtsantritt im Sommer 2017 schnell über Kreuz – die Chemie passte nicht. Brodkorb musste gehen – fiel aber in gewohnter SPD-Manier weich und landete schließlich an der Spitze des Kontrollgremiums der Unikliniken.

Rückblick: Ex-Fnanzminister Brodkorb rechnet mit Schwesig ab

Doch auch dort zündete der SPD-Mann Brodkorb nicht – als 41 leitendende Uni-Ärzte im August 2021 einen Brandbrief verfassten, kamen die Missstände in Rostock und Greifswald ans Licht der Öffentlichkeit. Millionen Euros waren offenbar versickert, die Kinder- und Jugendmedizin stand am Rande der Aufrechterhaltung des medizinischen Betriebs. Ein Offenbarungseid für die Verantwortlichen in Vorstand und Aufsichtsrat. Mittendrin Mathias Brodkorb.

Nur mit Hilfe einer kurzfristigen Geldspitze in mehrfacher Millionenhöhe gelang es der Landesregierung seinerzeit, das Missmanagement an den Unikliniken und die daraus resultierende Beunruhigung in der Bevölkerung sowie bei Patienten und Mitarbeitern im heraufziehenden Landtagswahlkampf einigermaßen unter dem Deckel zu halten.

Als jetzt aber – ein gutes halbes Jahr später – die Jamaika-Opposition den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss auf die politische Agenda hob, fühlte sich die Landesregierung mit dem Aufsichtsratschef Brodkorb doch nicht mehr ganz wohl – und löste dessen Vertrag auf. Selbstverständlich zu vorzüglichen sozialdemokratischen Konditionen. Laut Ministerin Martin wird Brodkorb – dessen Vertrag regulär noch bis 2024 gereicht hätte – eine Abfindung in Höhe eines Jahresgehalts erhalten, dies entspricht in der Besoldungsgruppe B5 rund 113.000 Euro.

CDU: „Eine Geschichte aus Absurdistan“

Fraglich allerdings, ob sich ein Mann wie Brodkorb mit dieser üppigen Summe dauerhaft zum Schweigen bringen lässt. Schließlich wird der SPD-Politiker im Untersuchungsausschuss als wichtiger Zeuge geladen, um die Missstände der unter Landesverantwortung stehenden Unikliniken aufzudecken. Ob Brodkorb bei seinen Zeugenaussagen alte politische Rechnungen begleicht, dürfte nicht ausgeschlossen sein. Insofern bekommt der Ausschuss sogar noch ein Stückchen mehr der ohnehin schon vorhandenen Brisanz.

Dass die Opposition gestern in Anbetracht der kurzfristigen Ablösung Brodkorbs schäumte, überraschte nicht. „Einen Tag vor Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Aufsichtsratsvorsitzenden zu feuern, ist purer Aktionismus. Ministerin Bettina Martin hat sich offenkundig nie richtig für das Universitätsklinikum Rostock interessiert“, wetterte Franz-Robert Liskow, Chef der CDU-Fraktion. Den Sanierer Mathias Brodkorb erst mit ministeriellen Vollmachten auszustatten und ihn dann als Bauernopfer zu präsentieren, werde man der Ministerin nicht durchgehen lassen, kündigte Liskow harte politische Bandagen an.

Der CDU-Politiker weiter: „Noch einen Tag vor der Landtagswahl genoss Mathias Brodkorb das volle Vertrauen der SPD, einen Tag vor dem Untersuchungsausschuss muss er gehen – eine Geschichte aus Absurdistan. Das Ministerium scheint getrieben und führungslos zu sein.“

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